Gebäudeverzeichnis

Am Schuppach 3 - staatliches Forstamt und Pfarrhaus, früher Gasthaus "Zum Pflug"

Adresse: Am Schuppach 3
Primärkatasternummer: 236 und 237
Besitzer: 1827
236: Happold, Johann Heinrich, Pflugwirt; 237: Sandel, Eberhard Friedrich, Kaufmann


Besitzerliste

1591 verkaufen die Erben des Burkhard Seckel nämlich Hans Seckel, Michel Seckel, beide für sich selbst, Georg Eberlin anstatt seiner Ehefrau Euphrosina, Conrad Haan und Hans Lochinger als Vormünder des Sohns des Wilhelm Schöffelmann zu Michelbach an der Bilz, ihr Beckenhaus in der Schuppach an David Schweicker, Gastwirt [zur Traube, in der Marktstraße]. Der Kaufpreis beträgt 350 Gulden. 1594 gehört das Haus Schweickers Stiefsohn, Lienhard Baur [Gastwirt zum Pflug] (StadtA Schwäb. Hall 4/653, fol. 115V).

Am 3. November 1651 ersucht Johann Virnhaber den Haller Rat um Genehmigung, die auf dem alten Pflugwirtshaus ruhende Erbschankgerechtigkeit zusammen mit der ebenfalls auf diesem Gebäude lastenden Gült auf sein Haus zu übertragen un das alte Wirtshaus abbrechen und den freiwerdenden Platz als Hof benützen zu dürfen. Nach dem Augenschein durch einen Bediensteten der Reichsstadt Hall gibt der Rat dem Antrag mit der Auflage statt, dass der Bauplatz der alten Herberge innerhalb der nächsten zehn Jahre wieder überbaut werden muss.

Der alte Pflug befand sich ebenfalls im Schuppach, in unmittelbarer Nähe des Hauses von Johann Virnhaber. 1651 stand er aber schon mehrere Jahre lang leer. Der letzte Pflugwirt, Heinrich Gronbach, war 1633 verstorben. Neben einem Berg von Schulden hinterließ er seiner Witwe auch das verwahrloste Wirtshaus. Die Gronbachin versuchte zwar , das Gatshaus noch einige Zeit weiterzuführen, doch sehr lange konnte sie sich den Forderungen ihrer Gläubiger nicht entziehen, sie musste ihnen das Haus übergeben. Die Gronbachschen Kreditoren sind dadurch aber mit Sicherheit nicht auf ihre Kosten gekommen, denn der bauliche Zustand des Gebäudes war katastrophal: 1638 forderte der Rat die Gläubiger auf, das Dach innerhalb von acht Tagen entweder abheben oder reparieren zu lassen. Das Haus sei so sehr baulos, dass man besorgt sein müsse, es würde bei einem groben Wind einfallen und Schaden anrichten. Nach der Genehmigung der Transferierung der Schankgerechtigkeit verkauft Johann Virnhaber den neuen Pflug mit dem dahinter liegenden Gärtchen, allem Zubehör und Hausrat, nämlich einem Kleiderkasten, zwei Tischen, sechs neuen Stühlen, einer "Trisur", drei Gießfaßbehältern, einer Bettlade mit einem ganzen, aber unbekleideten Bett und einem gut dreifudrigen Lagerfass, an den Bäcker Georg Weber. der Kaufpreis beträgt 1.400 Gulden.

Georg Weber und seine Frau Maria Katharina geb. Wahl haben den "Pflug" über 40 Jahre lang. 1693 übergeben sie die Gastwirtschaft ihrem Sohn, dem Küfer Johann Georg Weber. Beim Abschluss des Kaufvertrags am 16. August 1693 sind beide Eltern nicht mehr in der Lage einer Ökonomie vorzustehen. Die Mutter ist bereits so schwach und krank, dass stündlich mit ihrem Tod gerechnet werden muss, und der Vater von "hoher Baufälligkeit alters halber". Johann Georg Weber verpflichtet sich in dem Vertrag, den Vater nach dem Tod der Mutter zu sich zu nehmen und ihn zeitlebens mit Speise, Trank, Bettwerk, Weißzeug und aller "Lueg" (Aufmerksamkeit), Pflege und Werk zu versorgen. Am 25. August 1693 ordnet der Rat die Inventur des Weberschen Vermögens an, weil Maria Katharina am 24. August im Alter von 71 Jahren verstorben ist und gemeldet wurde, dass viel Geld vorhanden sei.

Im Besitz von Weber jun. ist das Gasthaus bis zu seinem Tod am 1. August 1715. Danach bemüht sich seine Witwe einen passenden Käufer für die Wirtschaft zu finden. Im Dezember 1718 bewirbt sich Bärenwirt Schwarz um die Herberge zum Pflug und bietet als Kaufpreis die Summe von 1.400 Gulden. Weder die Pflugwirtin noch ihr Schwiegersohn Schloßstein sind damit einverstanden. Sie bitten den Rat, dem Bärenwirt zuzusprechen, damit er sein Gebot um 100 Gulden erhöhe. Da aber Schwarz nur zur Zahlung von 50 Gulden bereit ist, muss erneut verhandelt werden. Am 18. Januar 1719 endlich wird dem zähem Ringen um den Verkauf von Amts wegen ein Ende bereitet: Der Rat spricht Schwarz den Pflug zu.

Schwarz behält das Gasthaus jedoch nur knapp viereinhalb Jahre. An Jakobi 1723 zieht der neue Pflugwirt, Handelsmann Nicolaus Jacob Stadtmann, ein. Mit dem Haus übernimmt er vier brauchbare Fuhrfässer, ein zweifudriges Fass, in dem der Vorbesitzer aber noch Wein liegen hat, den eichenen Tisch in der Stube und die lange Tafel auf der Bühne. Stadtmann stellt Schwarz zum Unterstellen seiner Möbel die alte Stube und die Kammer im Obergeschoss des Nebenhauses zur Verfügung. Außerdem überlässt er ihm für die Dauer von einem Jahr den tiefen Keller. Nach Ablauf dieser Frist darf Schwarz den Keller nur dann weiterbenützen, wenn er Stadtmann seine leeren Fässer zur Einlagerung und Verwahrung des Mosts leihweise gibt.

Als am 31. August 1728 ein Großfeuer fast die ganze Haller Innenstadt zerstört, fällt auch der goldene Pflug den Flammen zum Opfer. Der entstandene Sachschaden wird mit 2.412 Gulden beziffert. Außer dem Gasthaus und den Nebengebäuden verbrannte dem Pflugwirt noch Getreide im Wert von 12 Gulden. Stadtmann lässt nun auf den Grundmauern des abgebrannten Hauses wieder eine neue stattliche Gastherberge errichten.

1761 übernimmt Johann Ludwig Stadtmann das elterliche Anwesen. Der Preis für die Wirtschaft samt den dazugehörenden Gebäuden, Kellern, Ställen, Brunnen, dem hinter dem Haus gelegenen Gärtlein, vier gerüsteten Betten mit Überzügen und Bettladen, 75 Pfund Zinn und Kupfer, dem "Bileard" (Billard), allen Fässern im Schankkeller, den Umhängen an den Fenstern und Bettladen im hinteren Stübchen, einem Bräter, zwei Bratpfannen, fünf Tafeln, sieben Tischen sowie allen im Haus befindlichen Stühlen und Schrannen beträgt 2.700 Gulden. Der verwitweten Mutter räumt der Sohn das Wohnrecht im Haus ein, so lange es ihr "gefällig" ist. Für den Fall, dass es zwischen Mutter und Sohn zu Meinungsverschiedenheiten kommen sollte und die Mutter sich eine andere Wohnung suchen müsste, ist der Sohn zur Zahlung von 300 Gulden verpflichtet.

Nach dem Tod von Johann Ludwig Stadtmann heiratet seine Witwe 1786 Johann Georg Happold, den Sohn des gleichnamigen Schwanenwirts zu Unterlimpurg. Happold führt als neuer Pflugwirt das Gasthaus weiter.

Johann Heinrich Happold hat die Schildwirtschaft zum Pflug bis 1856 inne. Er ist der letzte Pflugwirt. Am 30. Oktober 1856 verkaufen seine Erben das Anwesen, das aus einem dreistöckigen Wohnhaus, verschiedenen Stallungen (hinter dem Haus, im hinteren Hof, auf dem Platz der ehemaligen Schuppachkirche auf der gegenüberliegenden Straßenseite), zwei Höfen und einem "laufenden" Brunnen, der seinen Wasserzufluss vom städtischen Brunnen im Schuppach hat, besteht, an die württembergische Staatsfinanzverwaltung. Danach dient das Gebäude als Forstamt und als Wohnung für den Oberförster und Prälaten.

(Ausarbeitung des Staatlichen Forstamts, 1980 dem Stadtarchiv überlassen)

 

 

 

 

 

 

1827: PKN 236: Happold, Johann Heinrich, Pflugwirt; PKN 237: Sandel, Eberhard Friedrich, Kaufmann     

Befunde aus Bauakten

1902: Unteres Kellergeschoss: Ein Keller, darunter ein zweiter Keller zum I. Stock; ein Keller zur Wohnung im II. Stock

1903: In der Prälatenwohnung wird ein "Regulierofen" eingebaut.

1936: Der Stall neben dem Forstamtsgebäude erhält im Erdgeschoss einen Einstellraum für einen Personenkraftwagen.

1959: Das Haus wird an das städtische Dolennetz angeschlossen und erhält Spülaborte an Stelle der bisherigen Trockenaborte.

1968: Erstellung einer PKW-Garage für das Forstamt im Hofraum.

1976: Umbau und grundlegende Sanierung des Gebäudes, u.a. Einbau einer ölgefeuerten Zentralheizung, Erstellung eines Rauchkamins, Abbruch von 5 alten Rauchkaminen, teilweise Änderung der Raumaufteilungen.

Beschreibungen

1827: PKN 236: Wohnhaus mit 46,2 Ruten, Stallung 8,3, 2 Schweineställe mit 4 und Hofräume mit 12,6 Ruten, Stallung über dem Weg 4 Ruten, insgesamt 1/8 Morgen 27,1 Ruten Gesamtfläche PKN 236: Wohnhaus mit 5,4 Ruten, Remise 3,4 und Hof 9,2, insgesamt 18 Ruten Gesamtfläche

Ehem. Gasthaus "Zum Pflug". Der dreigeschossige verputzte Fachwerkbau gehört als ehem. Gasthaus zu den gut erhaltenen Dokumenten bürgerlichen Barocks in Hall. In leichter Hanglage erhebt sich das hohe Walmdachhaus gegliedert durch Ecklisenen, Gurtband und profilierten Fensterrahmen. Das großzügige Treppenhaus mit reich geschnitztem Geländer und stuckierte Decken in mehreren Obergeschossräumen stammen aus der Bauzeit. Neben diesen künstlerischen und wissenschaftlichen Gründen sprechen noch heimatgeschichtliche Gründe für die Erhaltung des Hauses: bereits 1651 ist an dieser Stelle ein Gasthaus "Zum Pflug" belegt, nach dem Wiederaufbau 1728 durch den Pflugwirt - den Handelsmann N.J. Stadtmann - diente das Anwesen als Gasthaus, ab 1823 als Generalsuberintendantur und 1856 Forstamt. Damit stellt das Haus einen wichtigen Zeugen Haller Geschichte dar. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S.  87)

 

Am Schuppach 3 (Flst.Nr. 0-90/1). Ehem. Gasthaus „Zum Pflug”. Dreigeschossiger, verputzter Fachwerkbau, Walmdach, Ecklisenen, Gurtband, profilierte Fensterrahmen. Großzügiges Treppenhaus, reich geschnitztes Geländer, stuckierte Decken in mehreren Obergeschossräumen. Wohl 17./ 18. Jahrhundert. § 2. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)