Gebäudeverzeichnis

Bahnhofstraße 3 - Haus am Roten Steg

Adresse: Bahnhofstraße 3
Primärkatasternummer: 591
Besitzer: 1827
Bühl, Friedrich Wilhelm, Seifensieder


Besitzerliste

Kaufbriefe v. 1575, 1612, 1648 und 1695

1593: Ulrich Eisenmenger gibt am 28. August 1593 an, dass er seinem Vater Abraham Eisenmenger das Haus jenhalb Kochens zwischen dem Roten Steg und David Stadtmann für 700 Gulden abgekauft hat. Er verpflichtet sich, die noch ausstehenden 300 Gulden mit jährlich auf Jakobi (25. Juli) zu entrichtenden Raten von 25 Gulden abzutragen (4/655, fol. 95r)

1664 wurde berichtet, dass Susanna Maria Dieterich, Witwe des Johann Heinrich Dieterich, Lizenziat der Rechte und Mitglied des Geheimen Rates, die in erster Ehe mit Ulrich Eisenmenger, Mitglied des Inneren Rates, verheiratet gewesen war, das Haus am Roten Steg 1649 an Jacob Eisenmenger, Weißgerber, verkauft habe. (StadtA Schwäb. Hall 14/964) Aus der ersten Susanna Marias stammte eine Tochter Susanna Maria, die 1664 mit Johann David Stellwag, Mitglied des äußeren Rates und des Spitalgerichts sowie Apotheker, verheiratet war. (StadtA Schwäb. Hall 14/964)

 

Seit 1684 erscheint Johann David Stellwag zwischen Johann David Haspel, Metzger, und Johann Michael Gräter, Mitglied des äußeren Rates, in den Beetlisten. 1683 wird an dieser Stelle Margaretha Eisenmenger, Witwe des Jacob Eisenmenger, genannt. (StadtA Schwäb. Hall 4/1937 und 4/1935)

 

1695 verkaufte Johann David Stellwag. Chirurg, das Haus jenseits Kochens am Roten oder Gerberssteg, um 775 Gulden an Johann Conrad Kämpf, Rotgerber. Mitverkauft wurden die uralten Gerechtsame zu einem Brunnenkasten, aus dem das Wasser in das Gerbhaus geleitet wurde. (StadtA 4/668, fol. 199V-200R)

 

Johann Conrad Kämpf (geboren 1667 in Effringen bei Wildberg im Schwarzwald) war seit 1690 mit Susanna Catharina Haspel, der Tochter des Metzgers Johann David Haspel, verheiratet. Er starb schon 1700 an einem hitzigen Fieber. (StadtA Schwäb. Hall 2/34, 25. Juli 1700)

 

Ein Jahr später heiratete seine Witwe Johann Andreas Koch, Rotgerber. Aus erster Ehe überlebten der Sohn Jacob Karl Kämpf, wieder Rotgerber, und die Töchter Catharina, verheiratete Horlacher, Susanna Maria, verheiratete Warterer und Weber, sowie Susanna Margaretha, verheiratete Rüdinger und Geißer.

 

Beim Tod Susanna Catharina Kochs 1751 ging das Haus an ihren zweiten Ehemann Johann Andreas Koch über. (StadtA Schwäb. Hall 14/2623) Koch starb 1760.

 

Das Haus wurde 1761 von seinem Schwiegersohn Johann Jacob Wäckerlin, Rotgerber. um 800 Gulden übernommen. Wäckerlin war mit Maria Rosina Koch verheiratet. (StadtA Schwäb. Hall 14/2919)

 

1779 wurde eine Hälfte des Hauses durch Susanna Catharina Bühl, geb. Wäckerlin, Ehefrau des Georg Friedrich Bühl, Salzsieder, an ihren Bruder Friedrich Peter Wäckerlin, Rotgerber, verkauft. Die andere Hälfte erbte der Sohn direkt von seinem Vater Johann Jacob Wäckerlin, Rotgerber und Leutnant jenseits Kochens. Die Schwester erhielt 350 Gulden für ihren Anteil. (StadtA Schwäb. Hall 4/687, S. 976f)

 

1810 ging das Gebäude als Heiratsgut an den Sohn Johann Bernhard Wäckerlin, Rotgerber, der in diesem Jahr Anna Maria Jakobina Rieder aus Ulm ehelichte. Johann Bernhard übernahm das Haus zum Anschlag von 1.000 Gulden samt Brunnenkastengerechtigkeit und Stallung neben dem Turm von seinem Vater Friedrich Peter Wäckerlin. Der Vater musste von Sohn und Schwiegertochter sein Leben lang unentgeltlich verpflegt und mit Wäsche versorgt werden. Er behielt sich die obere Stube samt Kammer vor. Sollte sich Vater Wäckerlin mit den jungen Eheleuten nicht vertragen, musste ihm das Essen in die Stube gebracht und dort auch geheizt werden. (StadtA Schwäb. Hall 18/294)

 

Johann Bernhard Wäckerlin starb schon 1814. Das Haus erbte seine Schwester Susanna Elisabetha Weckerlin, die noch ledig war. Das Haus wurde dieses Mal auf 1.200 Gulden eingeschätzt. (Vermerke in StadtA Schwäb. Hall 18/294)

 

1819 erwarb Friedrich Jakob Bühl, Bortenmacher, das Haus aus der Konkursmasse des Johann Friedrich Schloßstein, Rotgerber. Bühl tätigte den Kauf für seinen Sohn Friedrich Wilhelm Bühl, Savonier (= Seifenmacher). Bühl bezahlte 1.580 Gulden. Zum Kauf gehörten auch noch sämtliche Betriebseinrichtungen der Gerberei. Außerdem lebte Friedrich Peter Wäckerlin noch, dessen Wohn- und Verpflegungsrecht im Haus weiterhin gewahrt werden musste. (StadtA Schwäb. Hall 19/1004, Nr. 18) Die Lohgrube und das Lohballengestell wurden 1819 an Balthas Stützel, Rotgerber, verkauft.

 

1827: Bühl, Friedrich Wilhelm, Seifensieder

 

1852 erwarb Wilhelm Bühl mit dem Haus auch das Giebelrecht, was bedeutete, dass er den Giebel auf die Stadtmauer setzen durfte, um Platz zu gewinnen.

Friedrich Gräter kaufte das Haus 1972 und renovierte es in der Folge grundlegend.

Haustafel

Hier in der Nähe des Kochers waren jahrhundertelang Gerber ansässig, die Tierhäute zu Leder veredelten. Für ihren Verarbeitungsprozess waren sie auf fließendes Wasser angewiesen. Im Keller dieses Fachwerkhauses von 1423 existieren noch die alten Gerbergruben. Das Gerberhaus erlebte in den 1970er Jahren durch den Eigentümer Fritz Gräter eine für diese Zeit vorbildliche Sanierung, die mit einem Denkmalpreis bedacht wurde.

Befunde aus Bauforschung

Holzteile aus dem 15. Jahrhundert. Dendrochronologisch datiert auf 1422/1423. (StadtA Schwäb. Hall BF 72)

Keller. (StadtA Schwäb. Hall BF 148)

Gerüst und Dach dendrochronologisch datiert auf auf 1422/23.  (BF Lohrum/Bleyer)

Befunde aus Bauakten

1895: Die Uhr an der Fassade wird angebracht (HT).

1972: Grundlegende Sanierung, in deren Verlauf ein Teil der Stadtmauer sowie ein Zugang in den Rotstegturm freigelegt und eine Holzdecke aus dem 16. Jh. entdeckt wird (HT).

2008: Erneute Sanierung: Fachwerk wird aufgedoppelt (verstärkt), Fassade und Fachwerk im Stil des 15. Jh. neu gestrichen, Uhr von 1895 erneuert, Innenräume neu gestaltet (HT).

Beschreibungen

1827: Wohnhaus mit 8,3 Ruten und Giebelrecht 0,5 Ruten, insgesamt 8,8 Ruten Grundfläche

Fachwerk-Wohnhaus mit starken Vorsprüngen, Knaggen, Verblattungen, Inschriftenstein bez. 1641. Eingetragen in das Landesverzeichnis der Baudenkmale in Württemberg seit 08.10.1925. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 102)

 

Bahnhofstraße 3 (Flst.Nr. 0-272/1). Fachwerk-Wohnhaus, starke Vorsprünge, Knaggen, Verblattungen, 1423 (d), Inschriftenstein bez. 1641, Sanierung 1975. § 28. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)

Quellen

Archivalien:

 

  • StadtA Schwäb. Hall 4/1544, fol. 531V-R

Literatur:

  • Claudia Linz: Schmuckes Kleinod. Haus am Roten Steg in Schwäbisch Hall renoviert, in: Haller Tagblatt Nr. 219 v. 18.9.2008, S. 30