Gebäudeverzeichnis

Haalstraße 9 - Altes Schlachthaus: Schlachthaus und Kultur

Adresse: Haalstraße 9
Primärkatasternummer: 195
Besitzer: 1827
Schlachthaus: Stadt und Geistliche Verwaltung


Besitzerliste

Im Mittelalter war im heute vom Schlachthaus überbauten Bereich die Synagoge angesiedelt. Diese wird 1356 und 1457 genannt, wobei sie in letztgenanntem Jahr schon entfremdet war und sich in christlichem Besitz befand. Möglicherweise befinden sich unter dem Gebäude Haalstraße noch Bodenfunde und Mauerreste.

Spätestens im 18. Jahrhundert war das Schlachthaus in der Haalstraße 9 in Betrieb: der Entschluss zum Bau fiel anscheinend 1714. Die erste Schlachtung fand 1716 statt. Am 6. November 1716 erhielten die Metzger vom Rat den Befehl, in das Schlachthaus einzuziehen. Am 12. November 1716 erließ der Rat die neue Schlachthausordnung und die Metzger erhielten erneut den Befehl, in der kommenden Woche in das neue Schlachthaus einzuziehen. Am 29. November waren die Metzger in das Schlachthaus eingezogen, beschwerten sich aber noch am gleichen Tag über Mängel im neuen Schlachthaus, denen der Rat abhelfen wollte.

1728 befand sich im Erdgeschoss das Schlachthaus, darüber die Katechetenschule und die deutsche Schule für die untere Stadt. Das Gebäude überstand den Stadtbrand, während das Haalamt und die Gebäude an der Haalstraße zerstört wurden.

1780 werden als Bewohner des "herrschaftlichen Schlachthauses" Organist Bajerdörffer, Schulmeister Hartmann und Schlachter Schreyer genannt. In den vorhergehenden Häuserbüchern erscheint das Schlachthaus nicht, da es sich um ein städtisches Gebäude handelte.

Organist Bajerdörffer hatte im Schlachthaus eine Musikstube mit einer transportablen Orgel, worin die Proben abgehalten wurden. 1758 war das Dach schadhaft und die Orgel in der Musikstube durch eindringendes Wasser beschädigt worden. Aus finanziellen Gründen zierte sich die Stadt bei Reparatur oder Ersatzbeschaffung.

1761 blähte sich die Wand des Schlachthauses in Richtung auf das Haspelsche Haus (heute: Haller Tagblatt), da Wasser in sie eingedrungen und das Holz gänzlich verfault war. Durch den Druck der darüber liegenden Fruchtböden kam es zur Wölbung. Dort befand sich auch die Musikstube. Der Kostenvoranschlag für die Reparaturkosten belief sich auf 241 Gulden.

1827 befand sich das Gebäude im Besitz der Stadt und der Geistlichen Verwaltung.

1842 gehörte der Stadtgemeinde das Gebäude allein.

1855 plante die Stadt die Einrichtung zweier Kamine im Schlachthaus, da der Seidenbauverein den zweiten Stock des Gebäudes nutzen wollte (s. Grundriss).

1884 wurde das Schlachthaus um einen Anbau in Richtung auf das Haalamt erweitert (s. Plan).

1906 wurde der erste Stock als Pfandlokal und Saal genutzt. Im Erdgeschoss befand sich das Schlachthaus, ebenso in den Anbauten, der zweite Stock war bewohnt.

1937 bis 1940 wurden Teile des alten Schlachthauses umgebaut und erweitert.

Bis 1940 wurde der Schlachthof anscheinend als Innungsschlachthof (Mietvertrag von 1910) geführt, erst dann von der Stadt als städtischer Schlachthof übernommen. Die Fleischbeschau hatte vorher immer wieder Anlass zu Klagen gefunden.

Schlachthaus- und Fleischbeschaugebühren 1951, s. Kopie.

1956 war das Schlachthaus noch in der Haalstraße 9 untergebracht, im ersten Stock befand sich ein Turnsaal. Weitere Teile des Gebäudes waren vermietet (s. Kopie).

Für 1956 war die Errichtung eines neuen Schlachthauses geplant. Die Nutzung des zukünftigen alten Schlachthauses war noch offen. 1957 begann die Realisierung der Planungen für ein neues Schlachthaus. 1960 wurde der neue Schlachthof in Betrieb genommen. Offizielle Einweihung war am 17. September 1960.

Ab 1968 nutzte die Firma Roth, Eisenwaren, einen Teil des alten Schlachthauses.

1971 beantragte der Club alpha die Nutzung der Schlachthausturnhalle für Filmvorführungen. Der Kreisbrandmeister erhob Einwendungen wegen der Feuersicherheit.

1973 plante die Firma Roth, Eisenwaren, den Umbau des bisherigen Turnsaales in Verkaufsräume.

1981 befand sich die Firma Roth noch in der Haalstraße 9.

Haustafel

Praktischerweise direkt am Fluss bauten sich die Haller 1716 ihr Schlachthaus. Im Mittelalter hatte sich hier das jüdische Ghetto befunden. Vom Schlachtbetrieb stammt der schräge Boden im Inneren - das Blut der geschlachteten Tiere wurde in den Kocher gespült. Um 1835 ersetzte ein Neubau mit Gesellschaftsräumen im Obergeschoss den Vorgängerbau. Heute beherbergt das Gebäude ein Kulturzentrum mit Gastronomie, Theater und einem lokalen Radiosender.

Befunde aus Bauforschung

Keller mit Tonnengewölbe im NW-Teil des Hauses, Kellerlängsachse verläuft quer zur Straße. Im Keller Mauerwerk, das der ältesten Stadtbefestigung (um 1200) zugeschrieben wird. Romanische Türgewände. Weitere Mauerwerke 15./16. Jh., umfassende Umbauten im 19. Jh., evtl. im Zusammenhang mit Hochwasserschäden. Vgl. Datenbank Bauforschung Baden-Württemberg.

Beschreibungen

1827: Das Schlachthaus mit 1/8 Morgen und 3,3 Ruten

Haalstraße 9 (Flst.Nr. 0-98). Ehem. städtisches Schlachthaus, anstelle älterer, jüdischer Bebauung. Klassizistischer, dreigeschossiger Putzbau, symmetrische Fassadengliederung, flach geneigte Satteldächer. Weitgehend original überliefert, um 1820/ 30. § 2. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)

Nutzung als Schule

Die Schule der "Unterstadt" befand sich schon vor 1612 auf dem späteren Schlachthausareal. Neu gebaut wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts; zwischen 1727 und 1812 war hier die Katechetenschule untergebracht.

Von 1812 bis 1838 wurde eine Klasse der Knabenschule und die Elementarschule für die beiden ersten Klassen hier betrieben. Nach dem Neubau 1845 kamen die Kinder der Volksschule am Haalplatz hierher zum Turnen. Von 1875 bis 1896 fanden im Haus die Kurse der Frauenarbeitsschule statt.

Aus: Ulrike Marski (Hrsg.), Katechismus, Nähzeug, Büchermappe. Weibliche Bildungswege in Schwäbisch Hall. Broschüre zur gleichnamigen Ausstellung. Schwäbisch Hall 2002, S. 9