Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827

Bahnhofstraße 12 - ehem. Riedener Tor, Wachhaus und Bäckerei Mohl

Adresse: Bahnhofstraße 12
Primärkatasternummer: 903 (später 919)
Besitzer: 1827
Die Stadt Gemeinde


Besitzerliste

1827: Die Stadt Gemeinde

1880: Die Stadtgemeinde verkauft das nach Aufhebung der Torgefälle entbehrlich gewordene "Gaildorfer Torhaus" am 19. Juli 1880 in öffentlicher Ausbietung für 8.160 Mark an den Partikulier Albert Platz. Die hinter dem Wohnhaus errichtete Remise bleibt Eigentum des seitherigen Pächters Losch.

1886: als Besitzer genannt (PKN 918/19): Albert Platz (wohnhaft Bahnhofstraße 8)
Mieter/Mitbewohner: Karl Geßler, Kameralkandidat; Johann König, Schuhmacher

1890: als Besitzer genannt (PKN 918/19): Albert Platz, Weinwirt (wohnhaft Bahnhofstraße 8)
Mieter/Mitbewohner: Adolf Happold, Kaufmann; Karoline Seeger, Adlerwirts Witwe

1890: Nach dem Tod von Albert Platz geht der Besitz unter Vorbehalt von Mitspracherechten der Kinder in den Besitz der Witwe Marie geb. Horlacher über.

1890: Marie Platz geb. Horlacher, Witwe des Weinwirts Albert Platz, verkauft das Anwesen mit der Zustimmung ihrer fünf Kinder am 2. Juli 1895 für 13.000 Mark an den Bierbrauer Friedrich Mohl.

1894: als Besitzerin genannt (PKN 918/19): Weinwirt Albert Platz' Witwe (falsch! Haus gehörte seit 1890 Friedrich Mohl)
Mieter/Mitbewohner: Gottlieb Besserer, Taglöhner; Friedrich Dannenhauer, Maurer; Adolf Happold, Kaufmann

1901: als Besitzer genannt: Friedrich Mohl, Bierbrauer
Mieter/Mitbewohner: Adolf Happold, Kaufmann; Emil Bauer, Glasermeister

1906: als Besitzer genannt: Friedrich Mohl, Bierbrauer
Mieter/Mitbewohner: Karl Falk, Schreinermeister; Emilie Happold, Privatiere

1910: als Besitzerin genannt: Wilhelmine Mohl, Privatiere
Mieter/Mitbewohner: Wilhelm Mohl, Bäckerei; Emilie Happold, Privatiere; Emil Koch, Schriftsetzer; Gottlieb Vogt, Schriftsetzer

1920: als Besitzerin genannt: Wilhelm Mohl, Bäckermeister
Mieter/Mitbewohner: Wilhelmine Mohl, Bierbrauers Witwe; Emilie Happold, Privatiere; Georg Kiener, Maler und Taglöhner

1928: als Besitzer genannt: Wilhelm Mohl, Bäckermeister
Mieter/Mitbewohner: Wilhelmine Mohl, Bierbrauers Witwe; Emilie Happold, Privatiere; Georg Kiener, Maler und Taglöhner

1932: als Besitzer genannt: Wilhelm Mohl, Bäckermeister, Bäckerei und Laden
Mieter/Mitbewohner: Marie Hees, Oberlehrers Witwe; Anna Happold, Rentnerin; Wilhelmine Mohl, Witwe u. Rentnerin; Katharine Janle, Witwe u. Rentnerin; Lorenz Hildebrand, Eisenbahnassistent; Emma Hildebrand, Damenschneidermeisterin; Marie Bauer, Witwe u. Rentnerin; Otto Klein, Kulturbaugehilfe

1938: als Besitzer genannt: Wilhelm Mohl, Bäckerei
Mieter/Mitbewohner: Wilhelmine Mohl, Witwe u. Sozialrentnerin; Gottlob Dehn, Postassistent; Friedrich Kübler, Berufsfeuerwehrmann; Wilhelm Schnell, Sekretär i.R.; Hermann Seitz, Kaufmann

1956: als Besitzer genannt: Wilhelm Mohl, Bäckermeister, Brot- und Feinbäckerei
Mieter/Mitbewohner: Charlotte Angele, Hausfrau; Hans Angele, Mechaniker; Jan-Henning Habermehl, Wirtschaftsjournalist; Jakob Hummel, Wagner; Else Mohl, Hausfrau; Karl Mohl, Bäckermeister; Karoline Mohl, Hausfrau; Wilhelm Mohl, Bäckermeister; Anna Müller, Hausfrau; Friedrich Müller, Obertelegraphensekretär a.D.; Erwin Schoch, Mechaniker; Frida Schoch,  Schreibgehilfin; Marie Walter, Büroangestellte; Veronika Winterhalder, Witwe

1963: Wilhelm Mohl verkauft das Hinterhaus Nr. 12a an seine Tochter Frida Schoch geb. Mohl sowie an deren Ehemann Erwin Schoch (Bauakten).

Haustafel

Anstelle des abgebrochenen „Riedener Tores“ ließ die Stadt unter neuer württembergischer Oberhoheit 1824 einen zeitgemäßen Stadteingang mit zwei Pylonen gestalten – das nun weltläufiger klingende „Stuttgarter Tor“. Das Wachlokal erhielt seinen Platz im Neubau Bahnhofstraße 12. Reste der biedermeierlichen Gestaltung sind heute noch zu erkennen.

Befunde aus Bauforschung

Zwei Keller mit Tonnengewölbe, Keller 1 unter dem vorderen Bau, im Grundriss dem ursprünglichen Torhaus entsprechend, Keller 2 etwa mittig im Grundriss der ersten Gebäudeerweiterung von 1880. Beide Keller nicht datiert, wahrscheinlich 19. Jh. (StadtA Schwäb. Hall S26/163)

Bei der Neuverlegung städtischer Versorgungsleitungen fanden sich im September 1993 im Straßenraum vor dem Gebäude Bahnhofstraße 12 mehrere querende Mauerzüge. Vor der südöstlichen Hausecke zur Bahnhofstraße hin befindet sich ein aus grob behauenen Kalksteinquadern errichteter Eckverband, bei dem es sich um die südliche Außenwand des Riedener Tores handelt. Teile des Mauerwerks wurden in die Kelleranlagen der Gebäude Bahnhofstraße 12 und 15 einbezogen. (StadtA Schwäb. Hall S26/241, vgl. auch<link https: www.bauforschung-bw.de objekt mauerwerksbefunde schwaebisch_hall bahnhofstrasse mauerwerksbefunde.html blank> Datenbank Bauforschung Baden-Württemberg).

Befunde aus Bauakten

1824: Abbruch des Riedener Tores und Bau eines Wachhauses.

1880: Der Gastgeber (Wirt) Albert Platz lässt am Haus umfangreiche Erweiterungen ausführen. Das Erdgeschoss des Hauses erhält einen Laden mit Schaufenster zur Bahnhofstraße, im 1. Stock wird die Küche verlegt und ein neues Zimmer eingerichtet. Im Hinterhof entsteht ein zweistöckiger Anbau, der im Erdgeschoss eine "Chaisen-Remise" und im 1. Stock ein Zimmer enthält. Daran schließt sich ein niedrigerer Pferde- und Viehstall (nur Kniestock im 1. OG) mit einer gemauerten Dunglege an, der auf den bereits bestehenden Gewölbekeller aufsitzt, weiterhin eine Wagenremise mit darüber befindlichem Fruchtboden (später Haus Nr. 14). Bei den Bauarbeiten für das Stallgebäude wird die unmittelbar nordwestlich stehende Stadtmauer beschädigt und muss neu unterfangen werden.

1910: Wilhelmine Mohl lässt den hinteren Anbau umbauen den ehemaligen Stall in einem Teil des Wohnhauses umbauen. Im Erdgeschoss von Anbau und ehemaligem Stall entsteht eine Bäckerei mit Backküche, Ofen, Mehlkammer und Waschküche, im 1. Stock mehrere Zimmer. Ein vorher bestehender kleiner Hofraum in Richtung Nordwesten wird überbaut, ebenso der ehemalige Stall durch Aufstockung auf die Höhe des Haupthauses gebracht. Die ehemalige Remise (nun Schreinerwerkstatt mit Wohnung im 1. Stock, heute Haus Nr. 14) erhält einen Abtritt im Erdgeschoss.

1911: Wilhelmine Mohl errichtet auf dem südöstlich anstoßenden städtischen Grundstück einen 10 m langen und 3,35 m breiten Schuppen aus Holz.

1913: Die Backstube wird durch einen 4 m langen und 2 m breiten Anbau an der Südostseite des Hauses in den Hof hinein erweitert. Weiterhin lässt Wilhelmine Mohl das Schaufenster zur Bahnhofstraße hin umbauen: Die bisherigen beiden Fenster werden durch ein größeres Schaufenster ersetzt.

1919: Wilhelm Mohl beantragt, zwecks Einrichtung einer Fünfzimmerwohnung auf das bisher zweistöckige Haus ein weiteres Stockwerk aufsetzen zu dürfen. Von der Verpflichtung, einen ausreichenden Abstand von der nordwestlich liegenden Stadtmauer zu halten, wird er befreit. Das Bauvorhaben wird jedoch nicht umgesetzt.

1925: Die 1919 beantragte Aufstockung wird in leicht veränderter Form ausgeführt. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung wird das Haus auf der Hofseite 2 m in den Hof hinein ausgebaut und damit der Ausbau im EG von 1913 in das Gebäude mit einbezogen. Das Bauprojekt muss wegen Verstößen gegen die Vorschriften der Bauordnung (Mindestabstand) durch das württembergische Innenministerium genehmigt, werden, die Stadtverwaltung erhält einen Verweis, weil sie die Ausführung trotz fehlender baupolizeilicher Genehmigung geduldet hat. Auf Kosten des Bauherren werden im Nachbarhaus Bahnhofstraße 10 zwei Bühnenfenster versetzt, Schweinestall und Dunglege im Hof müssen beseitigt werden.

1927: Das Hinterhaus Nr. 12a (heute Nr. 14) wird durch einen auf städtischem Gelände stehenden Garagenanbau erweitert.

1931: Zwecks Einbau eines Aborts im Dachgeschoss wird eine Dachgaube eingebaut.

1954/55: Erweiterung und Aufstockung des Hinterhauses 12a (heute Nr. 14, siehe dort). Die dort angebaute Terasse wird vom Haus Nr. 12 aus genutzt.

1956:: Einbau von Spülaborten im 1. und 2. Stock und Anschluss an das städtische Dolennetz.

1969: Einrichtung einer neuen Schaufensteranlage und einer neuen Ladeneinrichtung.

Beschreibungen

1827: Haus mit 8,6 Ruten, Hof dabei 38,9 Ruten, insgesamt 47,5 Ruten Grundfläche am Stuttgarter Tor.

1881: Ein zweistöckiges Wohnhaus mit 95 qm, ein Abtritt mit 2 qm, eine Stallung mit 39 qm, eine Dungstätte mit 4 qm, eine Remise mit 60 qm, zwei Hofräume mit 6 und 81 qm, zusammen 95 qm, am Gaildorfer Tor neben der Stadtgemeinde und Christof Bauer. Der Hauseigentümer hat die Baulast an den über das Grundstück verlaufenden Stützmauern zum ehemaligen Riedenertorgraben und darf sie nicht verändern oder beschädigen.

1919: "Die für die Familie des Wilh. Mohl im Erdgeschoß seines Hauses zur Verfügung stehenden Räume sind infolge Vergrößerung der Bäckerei zu knapp geworden. Er ist deshalb gezwungen, entweder einem der Mieter zu kündigen oder sein Anwesen durch Einrichtung neuer Wohnungen baulich zu vergrößern. Da in hiesiger Stadt infolge des herrschenden Wohnungsmangels sowieso ein dringendes Bedürfnis nach neuen Wohnungen besteht, entschied er sich für das letztere und beschloß den Aufbau eines Stockwerks, enthaltend eine zu vermietende 3 Zimmerwohnung samt Zubehör und 2 Zimmer für seinen eigenen Bedarf." (Bauakten, Schr. des Stadtbauamts v. 25.4.1919)

1925: "Nach der Aeusserung des Stadtschultheissenamts Hall ... ist der Bau ohne baupolizeiliche Erlaubnis, aber mit Wissen und Duldung seitens der örtlichen Baupolizeibehörde bereits ausgeführt worden. Das Verhalten der örtlichen Baupolizeibehörde steht im Widerspruch mit den für sie aus ... der BauO [Bauordnung] sich ergebenden Pflichten. Die Entschuldigung des Stadtschultheissenamts damit, dass man froh sein muss, wenn überhaupt etwas gebaut werde, ist nicht zu billigen, da sonst dem unerlaubten Bauen Tür und Tor geöffnet würde zum Schaden der Bauenden, der Baupolizeibehörde und der Allgemeinheit." (Bauakten, Schr. des Württ. Innenministeriums v. 30.9.1925).


Das Riedener Tor

Das Riedener Tor wurde 1490 gebaut und ersetzte das ältere, nordwestlich des Pulverturms gelegene Lullentor als Zugang zur Katharinenvorstadt (siehe Rekonstruktionszeichnung von E. Krüger unter "Bilder"). Seinen Namen hatte es von dem Weg, der aus dem Tor in Richtung Rieden führte. Es handelte sich den vorhandenen Darstellungen zufolge um einen hohen, rechteckigen Steinbau mit einem Krüppelwalmdach. Wie die Zeichnung von P. Koch zeigt, bestand die Stadtseite des Turms aus Fachwerk. Vorgebaut war ein in den Zwinger gesetztes, überdachtes Vortor. Von hier aus führte eine Steinbrücke über den etwa 5 m tiefen Riedenertorgraben. Auf der Stadtseite wurde die Brücke durch eine Zugbrücke, auf der anderen Seite durch ein weiteres, kleines Vortor gesichert. Direkt neben dem Tor bildete die Stadtmauer eine Ecke, von der aus sie schräg in Richtung Kocher und Rotstegturm verlief. Im Zusammenhang mit Jagdstreitigkeiten überrumpelte 1690 Graf Ludwig Gottfried von Hohenlohe-Pfedelbach die Torwache und drang in die Stadt ein, zog sich aber schnell zurück, um nicht in Gefangenschaft zu geraten. Der Riedenertorgraben diente 1704 als Kriegsgefangenenlager für knapp 600 Franzosen, Savoyer und Piemontesen, die Prinz Eugen von Savoyen nach seinem Sieg in der Schlacht bei Höchstädt an der Donau nach Hall gebracht hatte. Das Tor wurde 1824 abgebrochen, an seine Stelle das "Stuttgarter Tor" (siehe Rekonstruktion von E. Krüger unter "Bilder") gesetzt, das aus zwei Pylonen und einem Wachhaus (heute Bahnhofstraße 12) bestand.Den sich anschließenden Riedenertorgraben schüttete die Gemeinde erst 1872 zu und legte ihn als Stadtgarten an. Das Torwächterhaus diente bis 1880 zur Einziehung der städtischen Torgefälle (= Zoll), nach deren Aufhebung wurde es als entbehrlich angesehen und in Privathand verkauft.

Besonderheiten

Anschrift in Adressbüchern vor 1900: "Gaildorferstraße 918/19"

Quellen

Archivalien:

  • StadtA SHA 19/835 (Güterbuch 10), S. 595f; 19/845 (Güterbuch 20), S: 335; 19/1045 (Kaufbuch 27), S. 288ff; 19/1059 (Kaufbuch 42), S. 166ff; S26/163 (Keller); S26/241 (Riedener Tor)
  • Baurechtsamt SHA, Bauakten Bahnhofstraße 12
  • Baupläne und Fotos aus Privatbesitz (Scans in Fotoslg. StadtA SHA)

Literatur:

    • Adressbücher 1986-1956
    • E. Krüger: Die Stadtbefestigung von Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall 1966, S. 128f.

    Pläne und Ansichten vor 1827:

    • S10/508 (Stadtansicht Braun/Hogenberg, um 1580, Ausschnitt)
    • 5/2016 (Zehntkarte St. Katharina 1582, Ausschnitt) 
    • 4/4, Bl. 2 (Stadtansicht um 1600 in Haller Chronik, Ausschnitt)
    • S10/510 (Stadtansicht Merian 1643, Ausschnitt)
    • S10/339 (Stadtansicht Körner 1755, Ausschnitt)