Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827

Gelbinger Gasse 74

Adresse: Gelbinger Gasse 74
Primärkatasternummer: 330
Besitzer: 1827
Lude, Christian, Ziegelknecht


Besitzerliste

Bei dem Gebäude Gelbinger Gasse 74 und 74/1 handelte es sich um eine Scheuer, die durch den Helmwirt Johann Jakob Ines (1614-1659)  nach dem Einbau einer "Behausung" (Wohnung) geteilt wurde (s. ältere Besitzergeschichte unter Gelbinger Gasse 74/1). 

1656: Helmwirt Johann Jakob Ines verkauft eine in seine Scheune eingebaute "Bewohnung" in der Gelbinger Gasse beim äußersten Röhrenbrunnen an den aus Lendsiedel stammenden Pfahlbürger, Taglöhner und Gießer im Haal Johann Thomas Kobold (1610-1678)  (auch benannt Hans Kobel od. Knobel). Laut Nekrolog stammt Kobold aus Lendsiedel und hat sich bis zur Niederlassung in Schwäbisch Hall in "unterschidlichen Diensten aufgehalten". Er lebte mindestens seit 1637 (erste Eheschließung mit der nach einem Jahr verstorbenen Barbara N. aus Obermünkheim) in Schwäbisch Hall. Der Vertrag wird erst 1660 von den Erben des 1659 verstorbenen Wirts in das Kaufbuch eingetragen (4/656, Bl.  189v-190r).  

1671: Nach dem Tod von Elisabeth Kobel geb. Reber (1602-1671), der zweiten Ehefrau des Hans Kobel, wird die geringe Behausung in der Gelbinger Gasse, zwischen Georg Andreas Romigs Scheuer und der Behausung des Friedrich Ulrich, dem Witwer zugeschrieben. Kobel besitzt demzufolge auch einen Morgen Weinberg in den Neubergen und einen Grasgarten vor dem Gelbinger Tor. Miterbin sind die laut Inventur "alberne" (d.h. geistig behinderte) Tochter Barbara sowie die von seiner Frau mit in die Ehe gebrachte uneheliche Tochter Anna Maria, Ehefrau des Michel Dierolff, Gießer im Haal. Elisabeth Kobel geb. Reber stammte laut ihrem eigenen Nekrolog aus "Gamlisfelden", Waldenburgischer Herrschaft, laut dem ihres Mannes aus Mainhardt. Sie soll mit einem Soldaten in den Krieg gezogen sein und brachte in ihre um 1638  geschlossene Ehe mit Hans Kobel, ihr "im Soldatenweesen unehelich erzeugtes Kind" Anna Maria mit. Hans Kobel hat für seine Stieftochter bereits 100 Gulden aufgewendet (58 Gulden, als sie wegen Diebstahls bei dem Rotgerber Hans Bader in Haft genommen wurde, und weitere 42 Gulden Heiratsgut), deshalb soll sich Anna Maria Dierolf mit 5 Gulden und einigen Textilien aus dem Nachlass der Mutter zufrieden geben (14/1071). 

1675: Hans Kobel bringt seinen Besitz in seine dritte, am 8. Juni 1675 geschlossene Ehe mit Margaretha Koppenhöfer geb. Wieland (1621-1691) ein. Die nachgelassene Witwe des Hans Kaspar Koppenhöfer zu Wackershofen ist gebürtig aus Schuppach (heute Untersteinbach, Gde. Pfedelbach) (Ancestry).  

1678: Nachdem Hans Kobold (oder Kobel) bei einem Botengang nach Bibersfeld um den 13. Februar 1678 "im Heimgehen von einem Schlagfluß getroffen u. auff einer Wießen todt gefunden worden", wird sein Nachlass geteilt. Die "geringe Behausung" in der Gelbinger Gasse, zwischen Georg Endres Romigs Scheuer und der Behausung des Fritz Ulrich gelegen, wird durch seine dritte Ehefrau und nunmehrige Witwe Magdalena aus der Erbmasse erworben, zusammen mit dem Weinberg in den Neubergen ("in denn Newen Bergen"), einer Wiese bei Erlach und einem Baum-, Gras- und Krautgarten vor dem Gelbinger Tor.  Miterbin ist die "ganz blöde" (geistig behinderte) Tochter Barbara aus der zweiten Ehe Kobels mit der 1871 verstorbenen Elisabeth geb. Reber (14/1172).  

1678: Magdalena Kobel bringt ihren Besitz in ihre dritte, am 24. September 1678 mit dem  Krebenmacher und Witwer Veit Wacker geschlossene Ehe ein. Dieser ist vermutlich identisch mit dem 1681 auf Befehl des Rates aus der Stadt ausgeschafften Veit Wacker, Krebenmacher und Beisitzer jenseits Kochens, genannt "Kreben Veit" (14/1222). 

1691: In der Inventur der am 24. April 1691 verstorbenen Magdalena Wacker geb. Wieland, Veit Wackers, Krebenmachers Wittib, wird beider "geringes Vermögen" unter den Erben aufgeteilt. Die Behausung in der Gelbinger Gasse zu End der Blendstatt, zwischen Georg Andreas Romigs, des Äußeren Rats Scheuer und Michel Rößlers, des Maurers geringer Behausung gelegen, wird auf 70 Gulden veranschlagt und fällt zusammen mit einem Feldlehen zu Wackershofen und einem Morgen Weinberg in den Neubergen bei der Spitzenkelter an ihren aus ihrer ersten Ehe mit Hans Kaspar Koppenhöfer, Bauer zu Wackershofen, stammenden Sohn, den Bürger und Taglöhner Hans Michael Koppenhöfer (1651-1702) (Ancestry/S27, 14/1448). 

1698: Hans Michael Koppenhöfer, Bürger und "Innwohner" der Gelbinger Gasse, verkauft ihm das von seiner Mutter Magdalena Kobel, Hans Kobels hinterlassener Wittibin, zugefallenes "Häußle" in der Gelbinger Gasse, das an Jörg Endres Romigs Scheuer anstößt, am 28. April 1698 für 125 Gulden an den aus Geislingen am Kocher stammenden Taglöhner und Beisitzer Johann Georg Martin (1660-1728) (4/669, Bl. 41r).

1728: Nach dem Tod des am 3.Januar 1728 an "Frost und Hitz" (Wechselfieber = Malaria?) verstorbenen Beisitzers und Taglöhners Johann Georg Martin fällt das Haus an seine aus Eltershofen stammende Witwe Apollonia Martin geb. Otterbach, mit der er 33 Jahre lang in "vergnügter", aber kinderloser Ehe zugebracht hat. 

1733: Der Beisitzer und Taglöhner Jörg Michel Bölz († um 1778) erwirbt die zwischen Hans Caspar Mack und der Scheuer von Maria Catharina Preu gelegene Drittelbehausung am 19. Juni 1733 aus dem Vorbesitz des Hospitals zum Heiligen Geist für 90 Gulden, nachdem er am selben Tag in den Schutz der Reichsstadt "recipirt" (aufgenommen) worden ist. Das Hospital hat das Gebäude von der zuletzt als Pfründerin dort lebenden Witwe des Taglöhners Georg Martin erhalten (4/1544, 4/679, Bl. 283v).  

1742: Georg Michael Bölz bringt seinen Besitz offenbar in seine am 29. Juni 1742 geschlossene Ehe mit der aus Dünsbach stammenden Spitalköchin Johanna Christina Barbara Laidig (1703-1779) ein. 

1770: Johanna Christina Barbara Bölz, die Witwe des Beisitzers und Taglöhners Jörg Michael Bölz, verkauft ihre "Bewohnung" in der Gelbinger Gasse hinter der Blendstatt, zwischen den Häusern des Fuhrmanns Johann David Waldvogel und des Taglöhners Hans Jörg Göller gelegen, am 30. Mai 1770 an ihren Sohn, den Beisitzer und Weingärtner Georg Christoph Bölz (1740-1813).  In den Kauf eingeschlossen ist ein Weinberg im Wettbach sowie landwirtschaftliche Gerätschaften. Vom Kaufpreis von 325 Gulden gehen 50 Gulden Heiratsgut ab, weiterhin übernimmt der Sohn eine Schuld von 10 Gulden bei der Nikolaipflege und die Verpflichung, seinen drei Schwestern Margaretha Magdalena, Dorothea Elisabetha und Margaretha Elisabetha bei deren Eheschließung ein Heiratsgut von jeweils 50 Gulden auszubezahlen. Schließlich hat der Käufer 115 Gulden in zwei Raten bar zu entrichten. Die Mutter behält sich den freien Aufenthalt in der Wohnstube für sich selbst und ihre älteste Tochter vor. Weil diese "blöd" (geistig behindert) sei, bleiben dem Käufer das für diese ausgesetzte Heiratsgut und ihr zukünftiger Anteil am elterlichen Erbe samt den Zins zur Bestreitung der Verpflegung und der Beerdingungskosten. Könne oder wolle diese allerdings nicht bei dem Bruder bleiben, müsse dieser das Heiratsgut herausgeben, aber ohne Zins. 
Georg Christoph Bölz bringt die "Bewohnung" in seine 1770 geschlossene, erste Ehe mit Elisabetha Barbara Schöll (1726-1775) aus Gelbingen ein. Nach dem frühen Tod seiner ersten Frau heiratet Georg Christoph Bölz insgesamt noch drei weitere Male (II. Ehe 1776 mit Marie Dorothea Ritter "aus dem Limburgischen" (1740-1790);  III. Ehe 1791 mit Eva Catharina Scholl aus Scheffach (1756-1798), IV. Ehe 1798 mit Eva Catharina Wägele aus Beltersrot (1760-1821))  (4/686, Bl. 110r; 4/1547; 4/1547a).

1807: Das Haus wird laut Unterpfandsbuch (Hypothekenverzeichnis) durch den katholischen Zimmergesellen Josef Caspar Bauer erworben. Im Kaufbuch der Stadt ist jedoch kein Vertrag eingetragen (4/1547a). 

1822: Eva Barbara Bauer geb. Rötel aus Künzelsau (1788-?), die Witwe des Johann Caspar Bauer, bringt das Haus in ihre zweite, am 25. Juni 1822 geschlossene Ehe mit dem Beisitzer und Ziegler Christian Lude (1798-1864) aus Backnang ein (4/1547a). 

1833: Eva Barbara Lude geb. Rötel, die (seit 12. September 1831) geschiedene Ehefrau des Christian Lude (dieser † 1862 im Armenhaus), veräußert das Haus am 14. Januar 1833 für 450 Gulden an den Beisitzer und Taglöhner Georg Carl Kolb (1782-1848) aus Lachweiler. Als Datum des Besitzübergangs wird der 1. Juli 1833 festgelegt. Die Verkäuferin darf noch bis Jakobi [25. Juli] 1833 unentgeltlich im Haus wohnen bleiben. Eva Barbara Lude heiratet am 21. April 1833 ihrem dritten Ehemann Johann Michael Hommel, Maurer und Bürger in Unterböhringen, und zieht in dessen Wohnort (Ancestry, 19/1015).

1848: Nach dem Tod des Taglöhners und Beisitzers Georg Karl Kolb am 21. November 1848 übernimmt seine aus Gnadental stammende Witwe Catharina Rosina Magdalena Kolb geb. Sieber (1786-1869) das Anwesen.  

1849: Catharina Rosina Magdalena Kolb geb. Sieber, die Witwe des Taglöhners und Beisitzers Georg Karl Kolb, verkauft das Gebäude am 29. November 1849 für 600 Gulden an ihre beiden Töchter Johanne Catharine Kolb (1823-1890) und Christine Kolb (1827-1915). Der Kaufpreis wird beglichen, indem die Käuferinnen die auf dem Haus haftenden Schulden von 150 Gulden bei der Stiftungspflege in Übrigshausen, 100 Gulden bei der Stadtpflege Hall und 100 Gulden bei der "Engelhard'schen Maße" (Engelhardschen Erbmasse) übernehmen, weiterhin 25 Gulden, die an die Enkelin Kathrine Christine Kolb gehen sollen. Die restlichen 225 Gulden sind bar zu bezahlen. Als Datum des Besitzübergangs wird der 1. Juli 1850 festgelegt. Der Kaufvertrag wird mit der Auflage gerichtlich anerkannt, "daß der Kaufschilling nach Maasgabe der gerichtlichen Verweisung bezahlt werden müße". Die gerichtliche Beaufsichtigung der Bezahlung deutet auf eine prekäre finanzielle Situation der Verkäuferin (19/1025). 

1861: Christine Göpfert geb. Kolb, Ehefrau des Webers Gottfried Göpfert, verkauft ihren halben Anteil am Haus am 22. Mai 1861 für 300 Gulden an ihre Schwester Johanne Catharine Kaiser geb. Kolb und deren (seit 1859) Ehemann, den Bürger und Schneidermeister Johann David Kaiser (1824-1902), so dass das Ehepaar Kaiser nunmehr Eigentümer des ganzen Hauses ist. Zur Bezahlung des Kaufpreises hat die Käuferin den bislang auf ihre Schwester entfallenen Anteil an den auf dem Haus haftenden Pfandschulden von 175 Gulden zu übernehmen. Weiterhin soll sie 125 Gulden in bar an die Mutter "Wittwe Kolb" bezahlen. Diese hat den "lebenslaenglichen freien Siz im Haus", verzichtet deshalb aber auf Zinsen aus dem ihr noch zustehenden Teil des Kaufschillings. Die beiden ledigen Schwestern der Käuferin, Luise und Susanne, haben das Recht, ihre "Effekten", nämlich zwei Betten und zwei "Schreine",  in einem verschließbaren Raum des Hauses unentgeltlich aufzubewahren (19/1029).

1902: Das Haus geht nach dem Tod von Johann David Kaiser  - seit dem Tod seiner Ehefrau Johanne Katharine am 7. Februar 1890 Witwer - durch Erbschaft an das einzige überlebende Kind, die Tochter Sofie Wilhelmine Kaiser (1860-1943) und wird in das Grundbuch umgeschrieben. Sofie Wilhelmine ist seit 1883 mit dem Eisengießer Ludwig Kaiser verheiratet. 

Beschreibungen

historische Beschreibungen: 

1656 (Teilverkauf an Hans Kobel): „Weyl[and] H. Jacob Ineßen, deß Eüßeren Rhats und Gerichts, auch Gastgebern zum gülden[en] Helm seel[ig] hinderlassene samptliche Erben [...] bekennen bey alhießiger Canzley, daß bemelter ihr respective lieber Eheherr und Vatter seel[ig] bereits in anno 1656 gegen Hanß Kobel, Pfaalbürgern alhier verkaufft habe, seine Behaußung in der Gelbinger Gassen, bey dem eüßersten Rhorbronnen hinüber, zwischen Friz Ulrichen und unserer Scheuren daselbsten gelegen, mit allen deren Zugehördten, Rechten und Gerechtigkeiten, und zwar mit dem sonderbaren Beding, weylen zwischen Ihnen und dem Kauffer nur eine Wandt, auch von dem Kauffer verglichenermassen bereits gemacht, daß selbige hinfüro  von beeden Theilen miteinander, dagegen aber das Tach belangendt, ein jeder sein Theil Tachs, soweit er es besizet und inne hatt, in wesentlichem Bau erhalten solle, und gültet bemelte Behausung zwar hiebevor Paulo Nurnbergern zu Nördling[en] 10 ß ewigs Vorgeld, dann in das Seelhauß uff Nicolai 15 ß ewigen Zinses, sonsten unversezt und unverpfändt aigen…“ (4/656). 

1671 (Inventur der Elisabeth Kobel, Ehefrau des Hans Kobel): „Eine geringe Behaußung in Gelbinger Gassen, zwischen Herrn Georg Endres Romichs des Eüssern Rhats Scheüren und Friderich Ulrichs Behausung, welche gültfrey, und ist erkaufft worden pro 90 fl“  (14/1071) 

1678 (Inventur des Hans Kobel): „Eine geringe Behausung in Gelbinger Gassen, zwischen Herrn Georg Endres Romichs, deß Eußeren Rhats  Scheuren, und Fritz Ulrichs seel[igen] Behausung, welche gültfrey, und erkaufft worden pro 70 fl,welche die Wittibin ebenmessig auch allso kaufflich angenohmen…“ (14/1172). 

1691 (Inventur der Magdalena Wacker): „Eine Behaußung in Gelbinger Gassen, zu Endt der Blendtstatt, zwischen Hrn. Georg Andres Romigs des E[ußeren] Raths Scheuren und Michel Rößlers Maurers geringer Behaußung gelegen, gibt Paul Nürnbergern zu Nördlingen ewige Vorgeldgülten 10ß und in allhiesiges Seelhaus jedermals uff Nicolai 15 ß ewigs Zinnß.“ (14/1448) 

1698 (Verkauf an Georg Martin): „Seiner Muetter Magdalena, Hannß Kobels, beeder nun seliger, auch gewester Pfahlbürgers hinterlaßene Wittib, beseßenes Häußle draußen in der Gelbinger Gaßen, in der Blendstatt, allernechst an Hr. Jörg Endreß Romigs, deß Eußern Raths, nun seligen, Scheuren stoßend, so gültfrey aigen…“ (4/669). 

1717/18 (Unterpfandsbuch 1717/18): „In der Gelbinger Gaßen. Eine Drittel Behaußung taxirt a 100 fl. Erkaufft ao. 1698 [pro] 125 fl“ (4/1544) 

1733 (Verkauf an Georg Michael Bölz): „…die von ihrer Pfründtnerin Georg Martins, Taglöhners hinterbliebenen Wittibin, dem Spital zugekommenen Behaußung in Gelbinger Gaßen, zwischen Hans Caspar Macken, Taglöhners Behaußung, und Mariae Catharinae, Johann Georg Preyens, Steinhauers Hausfrauen, Scheüren gelegen, so gültfrey…“ (4(679). 

1770 (Verkauf an Georg Christoph Bölz): „Ihre bisher beseßene Behwohung, so in Gelbinger Gaßen hinter der Blendstatt, zwischen Joh. David Waldvogels, Fuhrmanns, und Hans Jerg Göllers, Taglöhners Häußern gelegen, so gültfrey ist. Was die einfache Wandung zwischen diesre und der Waldvoglischen Wohung anbetrift, so hat Käuffer hieran 1/3 und der Waldvogel 2/3 im Bauen zu erhalten“ (4/686).

1827: Wohnhaus mit 6,8 Ruten Grundfläche in der Blendstatt

1833 (Verkauf an Georg Carl Kolb): „Nro. 330, Eine zweistokigte Behausung in der Blendstatt, neben Fuhrmann Schiller und Johann Jacob Eisenmann, Beisitzers Wittwe, gültfrey“ (19/1015)

Um 1840 (Häuserbuch): „Gebäude 7,3 Rthn. IV 330. Ein 2stokigtes Wohnaus in der Blendstatt, neben Johann Wagner und Bernhard Welz. B.V.A. 700 fl.“ (19/0829, S. 147)

Beschreibungen aus den Denkmallisten:

Das zweigeschossige, giebelständige, verputzte Fachwerkwohnhaus entstand offensichtlich im 18./19. Jh. durch Erweiterung eines älteren des 17. Jh. Der ältere Baukörper ist sichtbar in der rechten Haushälfte, zweigeschossig mit drei Vorstößen, tiefer gelegene, kleinformatige Fenster im Erdgeschoss. Die wohl im späten 18. oder frühen 19. Jh. erfolgte Erweiterung zeigt das Fortleben der Fachwerkbautradition in anschaulicher Weise. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 177)

Gelbinger Gasse 74, 74/1 (Flst.Nr. 0-612/15, 0-612/16). Verputztes Fachwerk-Wohnhaus, zweigeschossig, giebelständig, 17. Jahrhundert. (siehe auch unter Sachgesamtheit Stadtbefestigung "Am Markt 14, ..."). § 2. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)

Besonderheiten

Zwei "Häuser" unter einem Dach

Die etwas verwirrende Tatsache, dass dieses große, wohl aus dem 17. Jahrhundert stammende Fachwerkhaus zwei Hausnummern - 74 und 74/1 - hat, hängt mit der Nutzungs- und Besitzergeschichte zusammen. Ursprünglich dürfte es sich um eine Scheuer gehandelt haben, als deren bislang frühester Besitzer der Helmwirt Johann Jakob Ines (1614-1659) identifiziert werden kann. Dieser ließ  laut der 1699 angefertigten Inventur seiner Tochter Anna Margaretha Romig  geb. Ines in die Scheuer eine Wohnung einbauen (heute Nr. 74). Diese Wohnung wurde 1656 durch Ines an den "Pfahlbürger" Hans Kobel verkauft. Von dem weiter als Scheuer genutzten, größeren Anteil des Gebäudes (heute 74/1) musste an die Reichalmosenpflege eine Gült von 16 Schillingen sowie einem Fasnachtshuhn (letzteres ablösbar durch weitere 3 Schillinge) gegeben werden. Diese Gült - eine auf Grund und Boden bzw. auf Gebäude zu entrichtende Abgabe - scheint ursprünglich auf dem ganzen Gebäude gehaftet zu haben, wurde dann aber auf den als Scheuer genutzten Gebäudeanteil umgewidmet. Vielleicht aufgrund der unterschiedlichen Nutzung, vielleicht aber auch wegen der nur auf einem Gebäudeteil haftenden Gült, wurden die beiden Anteile durch die reichsstädtische Verwaltung stets als separate Einheiten beschrieben und behandelt ("Behausung" und "Scheuer"). Obwohl auch die Scheuer im 18. Jahrhundert für Wohnzwecke umgebaut wurde, setzte sich dies im 19. und 20. Jahrhundert fort. Die beiden Gebäudeteile erhielten die separaten Primärkatasternummern 330 und 331 und bei der Neunummerierung nach 1900 die heutigen Hausnummern 74 und 74/1. 

Quellen

Archivalien: 

  • StadtA Schwäb. Hall 4/656 (Protokoll über den Verkauf von Häusern, Hofraiten und Gärten in der Stadt, 1601-1663), Bl.  189v-190r (Verkauf an H. Kobel) 
  • StadtA Schwäb. Hall 4/669 (Kaufbuch 1698-1702), Bl. 41r (Verkauf an G. Martin) 
  • StadtA Schwäb. Hall 4/679 (Kaufbuch 1728-1733), Bl. 283v (Verkauf an J. M.Bölz) 
  • StadtA Schwäb. Hall 4/686 (Kaufbuch 1769-1772), Bl. 110r (Verkauf an G. C. Bölz) 
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1544 (Unterpfandsbuch 1717/18), Bl. 590
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1545 (Häuserbuch 1712), S. 234
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1547 (Häuserbuch 1767), S. 218
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1547a (Häuserbuch 1782), S. 392
  • StadtA Schwäb. Hall 14/1071 (Inventur der Elisabetha Kobel, Ehefrau des Hans Kobel, 1671) 
  • StadtA Schwäb. Hall 14/1172 (Inventur des Hans Kobel, 1678) 
  • StadtA Schwäb. Hall 14/1448 (Inventur der Magdalena Wackher, 1691) 
  • StadtA Schwäb. Hall 14/3649 (Inventur der Johanna Christina Barbara Bölz geb. Laidig, 1779) 
  • StadtA Schwäb. Hall 19/829 (Güterbuch Bd. 3), S. 146
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1015 (Kaufbuch 1833), Bl. 10v (Verkauf an G. C. Kolb) 
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1025 (Kaufbuch 1849-1851), Bl. 69v (Verkauf an Töchter Kolb) 
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1029 (Kaufbuch 1860-1861), Bl. 216v (Verkauf an C. Kaiser) 
  • StadtA Schwäb. Hall S27 (Genealog. Kartei)
  • Ancestry.de: Württemberg, Germany, Lutheran Baptisms, Marriages, and Burials, 1500-1985
  • Ancestry.de: Schwäbisch Hall, Germany, Church Baptisms, Marriages, and Burials, 1559-1829