Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.

Am Säumarkt 12 - Württembergisches Wachhaus, zuvor Stätt-Tor und Schöntaler Kapelle

Adresse: Am Säumarkt 12
Primärkatasternummer: 246
Besitzer: 1827
Die Stadtgemeinde


Besitzerliste

1827: Die Stadtgemeinde

Haustafel

Anstelle des früheren „Städttors“ baute das junge Königreich Württemberg 1811 als neuer Herrscher über die ehemalige Reichsstadt ein neues Wachgebäude im Stil des Klassizismus. Charakteristisch dafür ist die dorische Säulenvorhalle - damals wie heute ein auffallender Fremdkörper zwischen den Bürgerhäusern und den mittelalterlichen Türmen.

Beschreibungen

1827: Wachtstube mit 9 Ruten und Vorhof mit 3,6 Ruten, insgesamt 12,6 Ruten Grundfläche

Ehem. Württembergisches Wachhaus, klassizistischer Bau mit jonischer Vorhalle und Walmdach, 1811. Eingetragen ins Landesverzeichnis der Baudenkmale in Württemberg seit 08.10.1925. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 84)

 

Am Säumarkt 12 (Flst.Nr. 0-90/7). Ehem. württembergisches Wachhaus, klassizistischer Bau, ionische Vorhalle, Walmdach, 1811. § 28 (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)

Das Stätt-Tor

Der Bau des Stätt-Tores wird von Eduard Krüger auf etwa 1200 geschätzt. Es handelte sich ursprünglich um einen hinter der Stadtmauer stehenden, rechteckigen Steinturm, dessen Dimensionen etwa dem Malefiztum (Am Säumarkt 9) entsprochen haben dürften. Von der Stadt aus führte das Portal durch den Torturm in den Zwinger, von dem aus eine Brücke (ursprünglich sicher eine Zugbrücke, später eine Steinbrücke) den hier etwa 5 m tiefen "Kurzen Graben" überquerte. Die massive Befestigung der Nordostseite der Altstadt ist damit zu erklären, dass die Gelbinger Gasse erst später, um die Mitte des 14. Jahrhunderts, ummauert wurde. Vermutlich in spätgotischer Zeit (im 15. oder frühen 16. Jahrhundert) kam ein Vortor ähnlich dem des Weilertors (Im Weiler 6) hinzu. Auf der Außenseite war das Vortor links und rechts mit Darstellungen zweier Ritter dekoriert, die Stadtwappenschilde trugen, über dem Torbogen war St. Michael als Seelenwäger zu sehen. Vermutlich parallel zum Bau des Vortores erhielt das Haupttor einen Fachwerkaufsatz mit Krüppelwalmdach, der wohl als Wohnung des Torwächters diente. Unmittelbar östlich an das Tor angebaut war die 1296 erstmals erwähnte Schöntaler Kapelle (s. unten), die zusammen mit dem "Schöntaler Hof" (s. Marktstraße 10) dem Zisterzienserkloster Schöntal an der Jagst gehörte.

Ursprünglich war die Bezeichnung "Gelbinger Tor" üblich, so z.B. in der ersten urkundlichen Nennung 1341. 1380 ist einmal vom "Tor am Schöntaler Hof" die Rede, 1395 vom "Gelbinger inneren Tor" zu Unterscheidung von dem neueren Gelbinger Tor am Nordende der Gelbinger Vorstadt. Georg Widman spricht in seiner 1550 beendeten Chronik vom "Capellthor".  Die Bezeichnung Stätt-Tor scheint erst im 16. Jahrhundert gebräuchlich geworden zu sein (erste derzeit bekannte, datierte Bezeichnung 1574). 

Glaubt man den Chronisten Widman und Herolt, so wurden im 15. Jahrhundert vor dem Tor (laut Widman "im Stättgraben zue Hall bey dem Capellthor") gelegentlich Hinrichtungen vollzogen. Die Korrektheit der vagen und teilweise widersprüchlichen Angaben muss jedoch offen bleiben.

Nach dem Ende der Reichsstadt Hall wurde das Stätt-Tor zusammen mit der unmittelbar östlich davon angebauten Schöntaler Kapelle 1807/08 abgerissen, womit die "unheilvolle Zeit der Abbrüche" (E. Krüger) begann. Das an Stelle des Tores nördlich von dessen Standort errichtete württembergische Wachhaus im klassizistischen Stil stammt von 1811.

Die Schöntaler Kapelle

Die neben dem Stätt-Tor liegende Schöntaler Kapelle wurde erstmals 1296   erwähnt, als in Rom zur Förderung des Besuchs und zu ihrer Unterstützung ein 40tägiger Ablass gewährt wurde. Die chronikalisch überlieferte Geschichte einer Stiftung der Kapelle durch Walter von Bachenstein und Walter Senft im Jahr 1364 muss als Legende gelten. Die Kapelle bildete zusammen mit dem 1365 erstmals erwähnten "Schöntaler Hof" ein aus mehreren Gebäuden bestehendes Anwesen, das dem Zisterzienserkloster Schöntal an der Jagst gehörte. Die Kapelle war direkt an das Stätt-Tor und an die Stadtmauer angebaut, deren Wehrgang dürfte durch das Gebäude verlaufen sein. Aufgrund bildlicher Darstellungen hat E. Krüger einen einschiffigen romanischen Ursprungsbau vermutet. Ein später ergänztes, gotischen Seitenschiff auf der Südseite wird auf etwa 1500 geschätzt.

1341 amtierte an der "Frauenkapelle zu Hall am Gelwinger Tor" ein Kaplan, ab der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts sind einzelne Stiftungen an die Kapelle durch Haller Stadtbürger belegt. Die Einkünfte der Pfründe stammten meist aus Gebäuden und Grundstücken in der Stadt und im Umland. Nach der Einführung der Reformation wurde der katholische Gottesdienst auch in der Kapelle eingestellt. Versuche des Klosters, 1638 in der Kapelle wieder die Messe lesen zu lassen, unterband der Haller Rat, über ein kaiserliches Reskript zugunsten Schöntals setzte man sich hinweg. 1718 schließlich verkaufte Schöntal seine gesamten lokalen Besitzungen an die Reichsstadt Hall. Die noch in der Kapelle befindlichen geistlichen Bilder und der Altarstein wurden nach Schöntal gebracht, die Kapelle dürfte in der Folge als Lagerraum genutzt worden sein. Im Gegensatz zum Schöntaler Hof überstand die Kapelle zusammen mit dem Stätt-Tor den großen Stadtbrand von 1728. 

Nach dem Ende der Reichsstadt Hall 1802 waren Tor und Kapelle 1807/08 die ersten Teile der Stadtbefestigung, die abgebrochen wurden. 

Quellen

Archivalien:

  • StadtA SHA 14/0068 (Inventur des Philipp Holderbusch, 1574 - hier derzeit älteste Bezeichnung als "Stätt-Tor")

Literatur:

  • Eduard Krüger: Die Stadtbefestigung von Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall 1966, S. 49ff
  • Andreas Maisch, Daniel Stihler: Schwäbisch Hall. Geschichte einer Stadt, Künzelsau 2006, S. 61.
  • Friedrich Pietsch (Bearb.): Die Urkunden des Archivs der Reichsstadt Schwäbisch Hall, Bd. 1-2, (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg; Bd. 21-22), Stuttgart (Kohlhammer) 1967, 1972 (hier die urkundlichen Nennungen des Stätt-Tors und der Schöntaler Kapelle)

Pläne und Ansichten vor 1827:

  • StadtA SHA S10/0804 (1728, Ausschnitt)