Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.

Gelbinger Gasse 33 - ehem. Gasthaus "Zum grünen Baum"

Adresse: Gelbinger Gasse 33
Primärkatasternummer: 371
Besitzer: 1827
Fröscher, Johann Leonhard, Gastwirt zum "Grünen Baum"


Besitzerliste

1676 wurde das Inventar über den Nachlass des Melchior Weiß, Gastwirts zum Grünen Baum, erstellt. Die Gastwirtschaft und Bierbrauerei ging für 800 Gulden an seine Witwe Magdalena Seitzinger. (StadtA Schwäb. Hall 14/1156)

 

Vor 1695 besitzt Georg Mayer, Gastwirt zum Grünen Baum, das Haus (StadtA Schwäb. Hall 2/75, fol. 92R).

 

1695 heiratet die Witwe Mayers Jacob Ulrich Seitz, der das Gebäude für 1.800 Gulden übernimmt. (StadtA Schwäb. Hall 4/1544, fol. 608)

 

1736 kauft der Sohn des Jacob Ulrich Seitz, Johann Heinrich Seitz, die Wirtschaft samt Braustatt um 2.500 Gulden.

 

1749 geht das Anwesen an den Schwiegersohn Johann Heinrich Seitz, Johann Philipp Otto, für 4.900 Gulden. In der Folge erwarb Johann Heinrich Schreyer die Wirtschaft samt Braugerechtigkeit, dem unter Schreiner Heegwarts Haus befindlichen großen Keller, den Stallungen und dem Schweinestall. Dieser Kauf scheint nicht beurkundet worden zu sein.

 

1755 erwarb Johann Christoph Weber, Metzger und Gastwirt zum Grünen Baum, das gesamte Anwesen von Schreyer, für das er 4.100 Gulden zahlte.

 

1784 ging die Gastwirtschaft zum Preis von 8.000 Gulden an Webers Schwiegersohn Johann Conrad Schmetzer.

 

Weber wie Schmetzer prozessierten gegen Johann Georg Müller, den Besitzer des Hauses Gelbinger Gasse 32, der das Recht, Bier zu brauen und auszuschenken für sich in Anspruch nahm. (StadtA Schwäb. Hall 10/684 und 10/685)

 

1812 wurde sie für 9.000 Gulden an Johann Friedrich Fritsch verkauft.

 

1825 wurde das Gasthaus aus dessen Gantmasse an Leonhard Fröscher, der die "Sonne" gepachtet gehabt hatte, um 3.800 Gulden verkauft.

 

1833 trennte sich Fröscher um 7.000 Gulden von seiner Wirtschaft. Käufer war der ledige Kellner Johann Peter Mulfinger (StadtA Schwäb. Hall 19/1015, fol. 69). In diesem Kaufvertrag wird da sgenaue Inventar der Gastwirtschaft aufgelistet.

 

Aus dessen Gantmasse erwarb 1841 Bäckermeister Heinrich Hanselmann das Anwesen um 6.000 Gulden (StadtA schwäb. Hall 19/1021, fol. 337R)

 

1843 verkaufte dessen Witwe die Wirtschaft zum grünen Baum an den Bierbrauer Karl Friedrich Reuß aus Oberesslingen und dessen Verlobte Margarethe Gunzenhäuser aus Geislingen um 8.625 Gulden. (StadtA Schwäb. Hall 19/1022, fol. 251R)

 

1869 erwarb Haus und Wirtschaft Friedrich Reuß, nach dessen Tod 1872 zwei Drittel an seine Witwe, ein Drittel an das gemeinsame Kind fielen. Die Witwe heiratete 1872 den Bierbrauer Georg Wirth. Dieser kaufte 1879 aus der Erbmasse seiner Frau das gesamte Anwesen.

 

1889 ging die Gastwirtschaft an den Bierbrauer Anton Schäberle, der mit Magdalena Renner verheiratet war. 1892 kaufte sie der Bäcker Heinrich Renner, von dem sie der Bierbrauer Theodor Kümmerlen 1893 erwarb.

Befunde aus Bauforschung

Gerüst dendrochronologisch datiert auf 1682/83. (BF Lohrum/Bleyer)

Beschreibungen

historische Beschreibungen

1827: Wohnhaus mit 10,1 und 3,8 Ruten, Hof 0,8, insgesamt 14,7 Ruten Grundfläche

ca. 1893 (Güterbuch, Bd. 20): "No. 371. Ein dreistockiges Wohnhaus mit Bierbrauerei und Branntweinbrennerei und Schildwirtschafts-Gerechtigkeit zum Grünen Baum neben sich selbst [= Theodor Kümmerlen, Grünbaumwirt] und Kaufmann Stützner, in der Oehringer Straße, mit Keller unter Haus No. 372."

Beschreibungen aus den Denkmallisten

Das stattliche giebelständige Wohn- und Gasthaus ist ein breit gelagertes, dreigeschossiges Fachwerkgebäude, erbaut nach dem Stadtbrand von 1680, wohl an der Stelle eines älteren Gasthauses. Trotz einiger neuzeitlicher Veränderungen (Erdgeschoss) vermittelt das Gebäude einen guten Eindruck von der Fachwerksarchitektur in Schwäb. Hall um 1700 - wie die fünf Vorstöße, das Sichtfachwerk (u.a. Motiv des "Schwäbischen Mannes") und das Schmuckfachwerk in dreifacher Variation im Giebel erkennen lassen. Auf die Bedeutung des Gebäudes als Gasthaus weist hin die in der 2. Hälfte des 19. Jh. erfolgte Bemalung der ehemaligen Aufzugstüren im Giebel (Baum, Reichsadler und Stadtwappen) sowie der schmiedeeiserne Ausleger hin. Zusammenfassend kann das Gebäude zu den ortsgeschichtlich bedeutsamen Fachwerkbauten der Stadt gezählt werden. - Teile der mittelalterlichen Stadtmauer. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 161)

Gelbinger Gasse 33 (Flst.Nr. 0-73/3). Stattliches, giebelständiges Wohn- und Gasthaus „Zum grünen Baum”. Dreigeschossiges Fachwerkgebäude. Fünf Vorstöße, Sichtfachwerk (Motiv des „Schwäbischen Mannes”), Schmuckfachwerk im Giebel, Aufzugstüren im Giebel (Baum, Reichsadler und Stadtwappen). Nach 1680, Umbau 2004. (siehe auch unter Sachgesamtheit Stadtbefestigung "Am Markt 14, ..."). § 2. (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)

Besonderheiten

Festnahme eines diebischen Dieners der Grafen von Hohenlohe im "Grünen Baum" im Jahr 1677

In der Nacht des 23. Februar 1677 floh Jean Tavernier, ein aus Genf stammender Diener der Kinder des Grafen Heinrich Friedrich von Hohenlohe, aus dem Schloss Langenburg, indem er sich mit einer Wäscheleine von der Schlossmauer abseilte. Zuvor hatte er Kleider eines gräflichen Pagen und Schmuck im Wert von 50 Gulden gestohlen, der den Kindern des Grafen gehörte. Da ein Lehrling des Langenburger Hofglasers dem Dieb in Geislingen begegnet war, schloss man in Langenburg, dass er auf seiner Flucht in Schwäbisch Hall Station machen würde. Ein eilig entsandter Bote brachte dem Haller Rat einen Steckbrief und ein Gesuch um Hilfe. Speziell suchte man darum nach, in den Wirtshäusers und "in specie" bei den Goldschmieden nach dem Flüchtling zu suchen. Der Haller Magistrat zeigte sich hilfsbereit. Zunächst wurden die Wachen an den Toren informiert, und dann machte sich ein Fähnrich des städtischen Militärs mit sechs Musketieren daran, die Haller Wirtshäuser systematisch abzugehen. Im "Grünen Baum" wurde der Suchtrupp fündig. Tavernier leistete keinen Widerstand, denn er war am Tisch eingeschlafen. Man brachte ihn nun auf die Wache, wo er unter der Aufsicht des Stadtmajors Johann Justus Zehner und des Langenburger Boten Hans Heinrich durchsucht wurde. Hierbei fanden sich zahlreiche, wertvolle Gegenstände aus Gold und Silber, ein "Feuer-Röhrle" sowie zwei Terzerole (kleine Pistolen) und ein Degen. Drei Tage nach der Festnahme brachten hällische Musketiere den Gefangenen nach Döttingen, wo er an den hohenlohischen Wachtmeister Hans Hofmann übergeben wurde. In seinem Prozess rechtfertigte Tavernier seine Flucht mit Misshandlungen durch den Georg Nikolaus Walther, den Erzieher der Prinzen, und Furcht vor weiterer Prügel. Bei einem Versuch, mit Hilfe eines selbst geflochtenen Seils aus dem Turm am Oberen Stadttor in Langenburg auszubrechen, stürzte der Delinquent ab und wurde wieder inhaftiert. Tavernier wurde unter Verzicht auf ein förmliches Verfahren durch ein Dekret des Grafen von Hohenlohe zum Tod verurteilt und am 7. März 1677 durch Enthaupten mit dem Schwert hingerichtet (nach: Wiechert: Böse alte Zeit, S. 69ff). 

 

Quellen

Literatur:

  • Jan Wiechert: Böse alte Zeit. Kriminalfälle aus der hohenlohischen Geschichte, Meßkirch 2017, S. 69-88