Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.

Mauerstraße 17 - ehem. Gastwirtschaft zum "Wilden Mann", später "zum Löwen", heute "Zum alten Brauhaus"

Adresse: Mauerstraße 17
Primärkatasternummer: 575, 576, 577
Besitzer: 1827
575, 576: Vogt, Johann Michael, Wildmannwirt; 577: Pfeffer, Johann Mathias, Bierbrauer


Besitzerliste

1573: als frühester Wirt zum Wilden Mann ist zwischen 1573 und 1597 der aus Bad Wimpfen stammende Jakob Redlinger belegt (1588 in der Ungeldordnung genannt).

1597: Die Gastwirtschaft befindet sich im Besitz des Bäckers David Lackorn.

1600: Der Bader Hans Dischinger tritt die Nachfolge Lackorns an.

1604: Lienhard Röhler wird neuer Wirt zum Wilden Mann.

1624: Johann Adam Röhler erwirbt die "Herberg zum Wildemann", gelegen zwischen Hans Holderbusch, Seckler, und Hans Weidner, Rotgerber, mit Inventar (darunter sieben gerüstete Bettstätten, ein Gießfaßbehälter, ein Schwenkkessel, eine blechernen Flasche, zwei Maßkanten aus Zinn, und alle Tische, Schrannen und Weinfässer) und dem zugehörigen Keller unter Hans Georg Bitterers Behausung für 1.000 Gulden von seinem Vater Lienhard. Der Käufer verpflichtet sich, in alle auf  dem Haus versicherten Schulden von insgesamt 462 fl 15 ß einzutreten (4/657, Bl.  82r). 

1643: Nach dem Tod Johann Adam Röhlers fällt sein gesamter Besitz an seine Witwe Regina, die diesen in ihre noch in demselben Jahr geschlossene zweite Ehe mit dem aus Stetten stammenden Metzger Hans Heydt einbringt.

1646: Die Vormünder des Röhler'schen Sohns verkaufen die Wirtschaft samt dem Nebenhäuslein, dem Scheierlein und der dahinter liegenden Hofstatt sowie dem Kellerlein unter Josef Hofmann des jüngeren Haus für 621 Gulden ain ihren Schwager Georg Ulrich Reitz, den Ehemann der Margaretha Röhler, einer Tochter des Wildenmannwirts Johann Adam Röhler. 

1663: Der Tod des am Georg Ulrich Reitz macht seine Witwe Margaretha Reitz zur Besitzerin des "Wilden Manns".

1664: Margaretha Reitz bringt die Wirtschaft in ihre am 19. September 1664 geschlossene zweite Ehe mit dem Salzsieder Johann Georg Dötschmann ein.

1686: Margaretha und Johann Georg Dötschmann übergeben den "Wilden Mann" mit allem Zubehör und Nebengebäuden an Eucharius Renner aus Weinsberg, Ehemann der Anna Maria Reitz, einer Tochter der Margaretha Dötschmann aus ihrer ersten Ehe mit Georg Ulrich Reitz. Der Wirtschaftsbetrieb muss in dieser Zeit in Abgang gekommen sein, da Renner seine Aufnahme in die Bürgerschaft unter anderem damit begründet, dass er die Wirtschaft zum Wilden Mann wieder aufrichten wolle.

1693: Nach dem Tod des Eucharius Renner fällt die Wirtschaft an seine Witwe Anna Maria Renner. Renner hatte bereits auf Anfang des Jahres wegen Zahlungsunfähigkeit den Schankbetrieb eingestellt, angeblich weil im Winterquartier in Hall liegende Truppen ihre bei ihm gemachten Zechen nicht bezahlt hätten.

1694: Anna Maria Renner tauscht ihre Wirtschaft zum "Wilden Mann" gegen das benachbarte Haus des Metzgers Georg Konrad Hayd ein, verwickelt sich mit diesem anschließend aber in einen heftigen, vor Gericht ausgetragenen Streit, bei dem es u.a. um Bedrohungen, Beschimpfungen und nicht vollständig geleistete Zahlungen geht.

1700: Nach dem Tod Georg Konrad Hayds bringt seine Witwe Maria Regina die Wirtschaft in ihre zweite Ehe mit dem Äußeren Rat und Haalpfleger Johann Georg Haspel ein, der neben der Wirtschaft auch einen umfangreichen Weinhandel betreibt.

1712: Nach dem Tod der Maria Regina Haspel geht die Wirtschaft mit ihrem Inventar an die aus ihrer ersten Ehe stammende Tochter Anna Regina Happold geb. Haydt und deren Ehemann, den Metzger Johann David Happold.

1721: Das Ehepaar Happold veräußert den "Wilden Mann" samt Inventar und aller Zubehör für 1.030 Gulden an den aus Marburg stammenden Handelsmann Andreas Friedrich Strobel.

1730: Am 6. Juli 1730 wechselt die Wirtschaft erneut den Besitzer und geht von Strobel an für 1.520 Gulden an den Bäcker Johann Balthas Gronbach.

1741: Krankheitsbedingt kann Gronbach den "Wilden Mann" nicht mehr weiter betreiben und verkauft ihn mitsamt des Inventars an den Metzger Johann Christoph Redlinger.

1744: Johann David Andreas Schwend, Glaser und Gastgeber zur Goldenen Traube in Gelbingen, tauscht diese mit Redlinger gegen den "Wilden Mann" und wird damit dessen neuer Besitzer.

1753: Schwend überträgt die Wirtschaft an seine Tochter Katharina Euprhosina und deren zukünftigen Ehemann, den Metzger Christoph Friedrich Geißelbrecht.

1763: Aufgrund einer fortschreitenden psychischen Erkrankung Geißelbrechts, der als "tobsüchtig" beschrieben und zuletzt in Fesseln gelegt im Hospital untergebracht wird und dort 1765 stirbt, verpachtet dessen Ehefrau Katharina Euphrosina den "Wilden Mann" an den Oberhaalmeister Johann David Deutelin.

1766: Katharina Euphrosina Geißelbrecht bringt den "Wilden Mann" in ihre am 7. Januar 1766 geschlossene zweite Ehe mit dem Metzger Friedrich Christoph Meißner ein.

1772: Nach dem Tod der Katharina Euphrosina Meißner wird die Wirtschaft von ihrem Ehemann Friedrich Christoph Meißner weiter betrieben.

1776: Die Erben der Katharina Euphrosina Meißner verkaufen den "Wilden Mann" mit allen Nebengebäuden, Grundstücken und dem gesamten Inventar an Christian Lorenz Deutelin.

1794: Christian Lorenz Deutelin, der 1793 die von seinem Vater betriebene Wirtschaft zum Lamm geerbt hat, verkauft den "Wilden Mann" am 8. Juli 1794 für 2.900 Gulden an den Bäckermeister und Äußeren Rat Friedrich Andreas Köhler, der die Wirtschaft am selben Tag und zum selben Preis an den Bierbrauer Johann Michael Vogt aus Mittelbach weitergibt. Dieser richtet 1795 mit obrigkeitlicher Genehmigung eine Bierbrauerei ein.

1827:

 

PKN 575 und 576: Vogt, Johann Michael, Wildmannwirt

PKN 577: Pfeffer, Johann Mathias, Bierbrauer

Befunde aus Bauforschung

Keller keine Daten. (StadtA Schwäb. Hall BF 22)

Beschreibungen

1624 (Verkauf an Adam Röhler): "...an der ihme noch umb 1000 fl aberkaufften Herberg zum Wildenmann daselbst, sambt dem Keller under Hannß Georg Bitterers Behaußung, item 7 gerüsten Bettstatten, so guet sie dießer Zeit vorhanden sein, wie auch dem Gießfaß Beheltter, ainem Schwang Keßel, ainer blechin Flaschen, 2 zihnin Maß Kandten und allen Tischen, Schrannen und alten Weinfaßen (außer einem TIsch unnd Schrannen, item 2 oder3 Weinfäßer, die er Lienhard ihme vorbehalten), zwischen Hannß Holderbusch, Seckhlern, unnd Hannß Weidnern, Rothgerbern gelegen, so ganz gültfrey, mit allen ihren Zugehörden unnd Rechten, und dem außtrüeckhlich bedinglichen Anhang, daß er Adam in alles hiebevor uff dieße Herberge Haftendes und uff 487 fl 15 ß belastendes Zinnßgelt, darüber jeder Theil ein sonder Verzeichnuiß beihanden, stehe, daßelbig guttmachen und uff sich nehmen soll" (4/657, Bl.  82r). 

1827:

PKN 575 und 576: Wohnhaus mit 11,8 Ruten, Oek. Anbau 1,9, Stallung 1,7 und Stallung mit 15,8, Scheuer, Garten  9,5 und Hof mit 6,9 Ruten, insgesamt 1/8 Morgen und 2,6 Ruten;

PKN 577: Wohnhaus mit 31,5 Ruten, Oek. Gebäude 8,9 Ruten, Hofräume mit 1,8 und 1,2 Ruten, insgesamt 45,4 Ruten in Stuttgarter Straße

Besonderheiten

Großbrand im Revolutionsjahr

Der Bäcker Peter Friedrich Peter Majer berichtet in seiner Chronik von einem Großbrand im Jahr 1849: "Den 1ten Juny morgens 1 Uhr brach im Wildenmann WIrthshaus Feuer aus, welches innerhalb 2 Stunden 3 Häuser in Aschenhaufen verwandelte, 3 Gebäude wurden nur mit großer Mühe gerettet, auch gieng vieles Mobiliar zugrunde, man vermuthet Brandstiftung von dem Besitzer, er ist sogleich in Beltersroth verhaftet und nach Hall abgeführet worden, wo die beyden Eheleuten im Gefängniß sitzen" (HV HS 153, S. 17). 

ein krimineller Koch

Laut Gemeinderatsprotokoll vom 7. Juli 1945 betreibt die Witwe Maria Seidel seit 2. März 1945 die Schankwirtschaft "Zum Löwen" und beschäftigt den aus Fellbach stammenden Koch Gustav W. Dieser habe "bereits zahlreiche Vorstrafen wegen Diebstahl, Betrug, Unterschlagung usw." erhalten. Nachdem W. und die Wirtin am 25. Februar 1947 vom Amtsgericht wegen Schwarzhandels mit Rindfleisch zu einer Geldstrafe von je 600 RM verurteilt worden sind, untersagt die Stadtverwaltung die Weiterbeschäftigung des W. als Koch (55/5, S. 143)). 

Quellen

Archivalien:

  • StadtA Schwäb. Hall 4/657 (Kaufbuch 1614-1649), Bl.  82r [Verkauf an Adam Röhler] 
  • StadtA Schwäb. Hall 55/5 (Gemeinderatsprot. 1947), §139,3 v. 7.7.1947, S. 143  
  • StadtA Schwäb. Hall HV HS 153 (Majer'sche Chronik, Bd. 2), S. 17

Literatur:

  • Herta Beutter: Ochse, Strauß, Wilder Mann, Schwarzer Bär und Glocke. Die Schildwirtschaften der Katharinenvorstadt in reichsstädtischer Zeit, in: Albrecht Bedal, Isabella Fehle (Hrsgg.): HausGEschichten. Bauen und Wohnen im alten Hall und seiner Katharinenvorstadt (Kataloge des Hällisch-Fränkischen Museums; Bd. 8), Sigmaringen 1994, S. 303-349, hier S. 313-319