Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.

Neue Straße 23 - ehem. Weinstube "Dauch"

Adresse: Neue Straße 23
Primärkatasternummer: 468
Besitzer: 1827
Bühler, Johann Michael, Bäcker


Besitzerliste

1827 (Primärkataster): Bühler, Johann Michael, Bäcker

1838: Der Bäcker Christian David Bühler sucht um die Genehmigung des Ausschanks von Wein, Bier und Branntwein in seinem Elternhaus nach, das er nach Erreichen der Volljährigkeit übernommen hat. Die Bäckerei wurde bis dahin von einem Pächter betrieben. Eine "Concession zum Wein- Bier und Brantweinschank" ist der Stellungsnahme des Gemeinderats "schon früher in dem Bühlerschen Hauße ausgeübt worden".

1867: Der Metzger Carl Canz kauft am 5./26. April 1867 das Haus des Bäckers Christian Friedrich David Bühler für 9.500 Mark. Am 29. April sucht er um die Genehmigung zur Führung einer Speisewirtschaft in diesem Haus nach, das er zu diesem Zwecke umbauen lassen will. Der Gemeinderat befürwortet das Gesuch, denn "Bäcker Bühler befindet sich nach seinen Vermögensverhältnissen nicht mehr in der Lage, die ihm persoenlich zustehende Schank Concession ausüben zu können". Canz hat bereits 1863 zwei Mal vergeblich um eine Konzession nachgesucht, um der Konkurrenz in seinem Gewerbe durch die Wirte etwas entgegen setzen zu können (s. auch unter "Besonderheiten"). Dies wird am 28. August 1867 durch das Oberamt genehmigt.

1880: Friederike Canz, die Witwe des Metzgermeisters Carl Canz, trittt am 2. Juli 1880 die Metzgerei mit Wein- und Speisewirtschaft an ihren Sohn Friedrich Canz ab. Die Wirtschaft ist, so die Stellungsnahme des Gemeinderats, bisher mit "gutem Erfolg" betrieben worden. Das Speisewirtschaftsrecht erlischt durch Verzicht von Friedrich Canz.

1911: Friedrich Canz verkauft das Gebäude mit Metzgerei und Weinwirtschaft an den Metzger Karl August Dauch aus Sindringen, der den Betrieb zum 1. April d.J. übernimmt. Die Genehmigung zum Ausschank von Wein und Obstmost wird Dauch am am 9. März 1911 erteilt.

1935: Nach dem Tod von Karl Dauch am 16. Juli 1935 übernimmt dessen Witwe Elise Dauch geb. Rösch den Betrieb der Schankwirtschaft und der Metzgerei.

1947: Elise Dauch beantragt die Genehmigung für die Verpachtung der Metzgerei und Schankwirtschaft auf 1. März d.J. an ihren Schwiegersohn, den aus Sindringen stammenden Metzgermeister Albert Hespelt.

1950: Albert Hespelt stellt den Wirtschaftsbetrieb auf 31. Januar 1950 ein, nachdem er von seiner Ehefrau Elise Hespelt geb. Dauch geschieden ist. Elise Dauch führt den Betrieb daraufhin alleine weiter. 1951 wird der bisher gestattete Ausschank von Wein und Obstmost um Bier und Branntwein erweitert. .

1959: Elise Dauch verpachtet Metzgerei und Weinstube auf 1. Mai 1959 an den Metzgermeister Karl Lebold aus Esslingen und dessen Ehefrau Lieselotte geb. Flaig.

Befunde aus Bauforschung

Mittelalterlicher Wohnturm?

 

Den Plänen zum Wiederaufbau nach dem Stadtbrand von 1728 zufolge befand sich bis zum Brand hier der sogenannte "Scheu'sche Thurm." Hierbei könnte es sich um einen mittelalterlichen Wohnturm gehandelt haben. Oberirdische Spuren des Gebäudes haben sich nicht erhalten, der Grundriss liegt etwa zur Hälfte unter der Neuen Straße, zur anderen Hälfte unter dem Haus Nr. 23.

Befunde aus Bauakten

1867: Das Haus wird durch den Metzgermeister Canz umgebaut; Im Erdgeschoss entsteht an Stelle der bisherigen Bäckerei eine "Metzgerei mit Wirthschaft", wozu u.a .der zur Schwatzbühlgasse gelegene Backofen abgebrochen wird (21/1902)

1929: Die Schäden durch ein Explosionsunglück in der Metzgerei werden behoben (s. unter "Besonderes") (21/1446)

Beschreibungen

1827: Wohnhaus mit 15,1 Ruten, Schweinestall 0,7 und Hof 1,8, insgesamt 17,6 Ruten In der neuen Straße

Neue Straße 21/23: Das dreigeschossige, verputzte Fachwerkwohnhaus in Ecklage ist ein barockes Gebäude, erbaut nach dem Stadtbrand von 1728. Die Bausubstanz des 18. Jh. zeigen zwei leichte, profilierte Vrostöße und das Traufgesims. Als Umgestaltung der 1. Hälfte des 19. Jh. tritt an der Westseite ein Mittelrisalit und die Dachzone in Erscheinung. Der kunstvoll gestaltete schmiedeeiserne Ausleger (19. Jh.) deutet auf die ursprüngliche Nutzung des Anwesens (Gasthaus) hin. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 330)

 

Neue Straße 21, 23 (Flst.Nr. 0-66, 0-66/1). Wohnhaus, ehem. Gasthaus, Haus Dauch. Dreigeschossiges, verputztes Fachwerkgebäude mit zwei leicht profilierten Vorstößen und Traufgesims, Mittelrisalit und schmiedeeiserner Ausleger. 1. Hälfte 19. Jahrhundert. (An dieser Stelle stand bis zum Stadtbrand ein Steinhaus, der so genannte Scheursche Turm.) § 2 ( aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)

Besonderheiten

Aus dem Gesuch des Metzgers Carl Canz um Genehmigung einer Speisewirtschaft, 1863

"In Folge der Gewerbefreiheit erhielten die Wirthe die Befugniß, selbst schlachten zu dürfen, und davon machen die hiesigen Wirte den ausgedehntesten Gebrauch, indem sie nicht nur Schweine, sondern theilweise auch Rinder und Kälber schlachten, und Fleisch und Würste auch nach außen verwerthen. Indem ich nun früher einen schönen Absatz an diese Wirthe hatte, so erlitt ich durch jene Freigebung in meinem Gewerbe eine große Beeinträchtigung, so daß mein ordentliches Fortkommen und Unterhalt einer Familie sehr in Frage gestellt ist. Dazu kommt noch, daß durch den leichten Verkehr mittelst der Eisenbahn die Viehpreise stiegen und in einer regelmäßigen Höhe erhalten bleiben, so daß sich bei solcher Concurrenz keine billigen Einkäufe mehr machen laßen, und hiedurch ein etwelcher Gewinn erzielt werden kann.
In so ferne die Wirthe durch die Befugniß, selbst schlachten zu dürfen, auf Kosten der Metzger sich bereichern und das Wirthschafts-Gewerbe ausgedehnter betreiben können, so können sie sich offenbar nicht darüber beschweren, wenn einem Metzger zu etwelcher Ausgleichung eine Gelegenheit eröffnet wird, den beträchtlichen Ausfall in seinem Gewerbe dadurch zu decken, daß man ihm eine Speisewirtschaft beziehungsweise eine Garküche mit Ausschanksrecht gewährt.
Zu einem solchen Betrieb vereinigen sich bei mir alle Erforderniße und Einrichtungen, indem mein Haus gut gelegen und nicht weit vom Marktplatz entfernt ist, 3. Zimmer im mittleren Stock zur Bewirthschaftung bestimmt, und in einem guten Keller 30.-40. Eymer Wein und Most aufbewahrt werden können.
Wie mir gemeinderäthlich bezeugt werden kann, besitze ich ein gutes Prädicat, und als von Wirthsleuten abstammend, auch besondere Befähigung zum Wirthschaftsbetrieb, so wie so viel Vermögen, um zwekmäßige Einrichtungen treffen und Vorräthe von Speisen u[nd] Getränke halten zu können.
Es kam auch schon seither immer große Nachfrage bei mir vor, ob man nicht Speise und Trank haben könne, und meine Kunden, die mir Schlachtvieh liefern und Gelder abhohlen, wünschten gerne, bei mir zu zehren und nicht anderwärts das Geld ausgeben zu müßen. Es fällt diesen Leuten auf, daß ich mein Fleisch nicht solle verspeisen dürfen, zumal anderwärts wie namentlich in Öhringen beinahe alle Metzger Speisegerechtigkeit haben."
aus einem weiteren Schreiben: "Und daß Sie [die Wirte] sich, namentlich hiesige Bierwirte, die doch bekanntlich ein gutes rentables Geschäft haben, nicht scheuen, wenn jemand eine Wurst bei mir kauft und sie dort verzehren will, ihm der Vorwurf gemacht wird, er hätte auch können eine Wurst haben, es werde im Hause auch geschlachtet, auf solche Weise wird mir dann mancher Abnehmer entzogen, denn gar oft muß ichs hören, man würde mir gerne Wurst abkaufen, wenn man sie bei einem Trunke auch beim mir verzehren könnte, weil man damit im Wirthshause scheel angesehen werde u.s.f."
(21/1902)

Explosionsunglück 1929

Offenbar durch das Abstellen des Kühlwassers und die darauffolgende Detonation eines Kompressors der Ammoniak-Kühlmaschine kam es am 16. November 1929 zu einem Explosionsunglück in der Metzgerei Dauch. Durch das Unglück wurde ein Teil der Einrichtung und der Räume Metzgerei und eine Wand zum Nachbarhaus Nr. 21 beschädigt oder zerstört. Der Gebäudeschaden wurde auf 1.739 Mark geschätzt.
(21/1446)

Quellen

Archivalien:

  • StadtA Schwäb. Hall 21/1446 (Explosionsunglück, 1929); 21/1902 (Konzessionsakten); 37/747 (Schankkonzessionen)

Pläne und Ansichten vor 1827:

  • StadtA Schwäb. Hall 5/1665 (Plan vor 1728, Ausschnitt); 5/2051, Pläne 4, 8, 10, 22 (Pläne für den Wiederaufbau nach 1728)