Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.

Nonnenhof 4 - Nonnenhof: Frauenorden ohne Kloster

Adresse: Nonnenhof 4
Primärkatasternummer: 23
Besitzer: 1827
Wagner, Georg Michael, Bürger und Bauer


Besitzerliste

1514 für die Franziskaner-Tertiarinnen ("die geistlichen und andächtigen Mutter und Schwestern des Hauses St. Claras Regel und St. Franziskus Orden") erbaut - an Stelle von drei Handwerkerhäusern (zwei der Vorbesitzer: Ulrich Kargaß und Barbara, Witwe des Jörg Finsterbach) (StadtA Schwäb. Hall H01/1043 und H01/1044).

1524 wird das Schwesternhaus durch Beauftragte des Rates visitiert. Ab 1535/1536 bekamen die Frauen vom Rat an Allerseelen ein kleines Almosen. 1545 ist eine Gabe von fünf Eimern Wein (ca. 250 Liter) verbucht. 1554/1555 wird das Almosen letztmals gezahlt. Damit endete wohl auch die Gemeinschaft der Schwestern.

1557 fanden Umbaumaßnahmen im Haus statt.

1599, 1620, 1653 und 1660 wird das Gebäude als "Eines Ehrbaren Rates Schulhaus" erwähnt (zu den drei letzten Daten als ehemaliges Schulhaus). (S. Besitzergeschichte zum Haus Nonnenhof 5).

1620 wohnte Peter Oberhöfer, Organist, im ehemaligen Schulhaus, 1653 und 1660 Johann Caspar Feyerabendt, Registrator (als Anlieger der Gebäude Nonnenhof 3 und Nonnenhof 5 erwähnt - s. die dortigen Hausgeschichten).

1663/1664 wird das Haus des Registrator Feyerabendt neu gedeckt (StadtA Schwäb. Hall 4/a 126). 1668/1669 erhält das Haus des "Herrn Feyerabendt im Nonnenhof" eine neue Staffel (StadtA Schwäb. Hall 4/a 131).

Ab 1686 scheint Georg Friedrich Seiferheld, Präzeptor, das Haus bewohnt zu haben (s. Beetlisten), im 18. Jahrhundert wird es als herrschaftliches Pfarrhaus bezeichnet. 1698 wurde die untere Wohnung im Nonnenof 4 von der Hebamme Anna Margaretha Bonhöfer bewohnt. Präzeptor Seiferheld bat um Zuweisung auch dieser Wohnung (er bewohnte den oberen Stock), was der Rat aber ablehnte: Es sollten weiterhin zwei Wohnungen im Haus bestehen bleiben. Um die freie Wohnung hatten sich die Hebammen Barbara Roth, Anna Barbara Trautmann und Maria Clara Osterstockh beworben, um Stelle und Wohnung Ursula Catharina Wurst, die bislang Hebamme in Unterlimpurg war (StadtA Schwäb. Hall 4/306, fol. 117R).

1716 (Häuserbuch): herrschaftliche Behausung, bewohnt von H. Pfarrer Schäffer, Hypodiakonus,
danach: H. Pfarrer Haspel

1767 (Häuserbuch): bewohnt von H. Friedrich Ernst Haspel, Archidiakonus
danach: H. Johann Ludwig Friedrich Schiller, Archidiakonus
danach: H. Archidiakonus Dötschmann

1782 (Häuserbuch), herrschaftliche Behausung, bewohnt von H. Archidiakonus Dötschmann

1802: Der "hochlöbliche Magistrat" der Reichsstadt Schwäbisch Hall verkauft das bisherige "Pfarrhaus" für 805 Gulden an Johanna Elisabetha Sophia Schiller geb. Hufnagel (1761-1818), Witwe des Jacob Friedrich Schiller (1759-1800), Pfarrer zu St. Katharina, und Tochter des Stättmeisters Johann David Hufnagel. 

1803: Johanna Elisabetha Sophia Schiller geb. Hufnagel bringt das Haus in ihre am 15. November 1803 in Schwäbisch Hall geschlossene zweite Ehe mit Gottlob Friedrich Christoph Ritter (1771-1813) ein. Dieser ist seit 1800 Präzeptor (Lehrer) am Gymnasium Illustre in Hall und wird 1813 zum Pfarrer in Gründelhardt berufen.

1813: Am 28. September 1813 verkaufen "Herr Pfarrer Ritter und dessen Gemahlin, von Gründelhardt" (Gottlob Friedrich Christoph Ritter und Johanna Elisabetha Sophia Ritter verwitwete Schiller geb. Hufnagel) ihre bisher besessene Behausung im Nonnenhof samt dem daneben befindlichen Gärtlein für 1.140 Gulden an den Salzsieder Georg Andreas Röhler. 

1815: Am 26. Juli 1815 verkauft Obersieder Georg Andreas Röhler seine "Behausung im sogenannten Nonnenhoff" mitsamt Küchengärtlein für 1.600 Gulden an Georg Michael Wagner aus Reinsberg, Bauer und angehender Bürger in Schwäbisch Hall. 

1827 (Primärkataster): als Besitzer genannt: Wagner, Georg Michael, Bürger und Bauer

1832: Nach dem Tod des Georg Michael Wagner am 5. August 1832 geht das Haus in den Besitz seiner Witwe Ursula Barbara geb. Feuchter über. 

1843: Ursula Barbara Wagner geb. Feuchter, die Witwe des Georg Michael Wagner, stirbt am 16. April 1843. Da das Paar keine eigenen überlebenden Kinder hat (die einzige Tochter Eva Margaretha ist 1812 im Alter von 19 Jahren gestorben) kommt der Nachlass offenbar an Rosina Bauer geb. Aller oder deren Ehemann, den Küfermeister Gottfried Bauer in Steinheim.

1844: In einem "Privat Vertrag" vom 24. März 1844 verkauft Katharina Rosina Bauer geb. Aller, Ehefrau des Küfermeisters Gottfried Bauer in Steinheim, das Wohnhaus im Nonnenhof mit "Hoeflein" und Gemüsegärtlein für 1.950 Gulden an die "Wilhelms-Anstalt für verwahrloste Kinder", die dort ein Waisenhaus einrichtet. Das Haus ist auf den 1. Mai 1844 zu übergeben.

1852: Der Verwaltungsausschuss der Wilhelmsanstalt verkauft das Gebäude nach öffentlicher Ausschreibung am 6. Juni 1852 für 815 Gulden an den Brunnenmeister Friedrich Bauer.

1871: Im Zuge der Nachlassteilung der Katharine Friederike Bauer geb. Pabst, Witwe des Brunnenmeisters Johann Friedrich Bauer, kommt der Nonnenhof an die Tochter Friederike Krockenberger geb. Bauer, Ehefrau des Schuhmachers Johann Krockenberger.

1922: Gemäß Auflassung und Kaufvertrag vom 3. Oktober 1922 kommt das Haus an den Sohn, den Mechaniker Julius Krockenberger und seine Ehefrau Luise geb. Maier.

1950: Nach dem Tod des Julius Krockenberger am 15. Juli 1950 fällt das Haus gemäß Beschluss des Nachlassgerichts Schwäbisch Hall vom 31. August 1950 an die einzige Tochter Elisabeth Heeg geb. Krockenberger in Stuttgart.

1977: Elisabeth Heeg geb. Krockenberger in Stuttgart verkauft ihr Elternhaus für 125.000 DM an die Stiftung Hospital zum Heiligen Geist in Schwäbisch Hall. Als Datum des Besitzübergangs wird der 1. Januar 1978 festgelegt.

Haustafel

Fromme, alleinstehende Frauen konnten seit dem Hochmittelalter lose religiöse Gemeinschaften bilden, die sich meist einem Orden - in Hall den Franziskanern - anschlossen. Sie kümmerten sich vor allem um Arme und Kranke und verdienten sich durch Textilarbeiten ihren Lebensunterhalt. 1514 wurde ihnen ein eigenes Domizil gebaut, der "Nonnenhof". Die Gemeinschaftsräume und die Zellen sind heute noch erhalten.

Befunde aus Bauforschung

Holzteile aus dem 15. Jahrhundert, dendrochronologisch datiert auf 1511/1512. (StadtA Schwäb. Hall BF 263)

Dendrochronologisch datiert: Gerüst auf 1511/12; Anbau (abgebrochen), Spunddecke (eingelagert Bauhof) auf 1571. (BF Lohrum/Bleyer)

 

 

 

 

 

Pfarrerbuch Württembergisch Franken. Teil

Beschreibungen

1827: Wohnhaus mit 19,3 Ruten, Anbau 5,6 Ruten, insgesamt 24,9 Ruten

1815 (Verkauf an G. M. Wagner): "Seine bisher besessene gültfreye Behausung im sogenannten Nonnenhof, zwischen Gottfried Schust und Caspar Feuchters Häusern gelegen, mit dem an dem Hause liegenden Hüchengärtlen."

1844 (Verkauf an die Wilhelmsanstalt): "Ein dreystokigtes Wohnhaus im Nonnenhof, zwischenSchuhmacher Wuest und Taglöhner Frd. Feuchter und Holzmesser Göller, mit einem Hoeflein dahinter. 3 Rthn. Gemüs Gärtchen hinter dem Haus, unter den Rosenbühler Gaerten."

1852 (Verkauf an W. Bauer): "Ein dreystokiges Wohnhaus im Nonnenhof mit einem gewölbten Keller, mit einem angebauten Waschhaus und Holzlege, und dmit dem entsprechenden Antheil an dem gepflasterten, den gesammten Nonnenhof Anwohnern gemeinschaftlichen, aber ungetheilten Hofraum des Nonnenhofs. 18,0 R[uten] Gemüsgaertle hinter dem Haus, und unter dem Garten des Particulier Bühler."

 

Einträge in den Denkmallisten

Beginenhof und Wilhelmsanstalt. Das dreigeschossige, verputzte Fachwerkwohnhaus mit zwei schwachen Vorstößen und hohem einseitigen Halbwalmdach entstand wohl um 1500, offenbar für das Haller Beginenkloster, wie auch der Name Nonnenhof belegt. Seit 1841 beherbergte das Haus die Wilhelmsanstalt: eine Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder in Hall, die ihre Entstehung dem Regierungsjubiläum König Wilhelms I. von Württemberg verdankt. Im Bereich des Nonnenhofes sind mittelalterliche Bodenfunde zu erwarten. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 334)

 

Nonnenhof 4 (Flst.Nr. 0-32/6). Wohnhaus. Ehem. Beginenhof und Wilhelmsanstalt. Dreigeschossiges, verputztes Fachwerkgebäude mit zwei schwachen Vorstößen und hohem, einseitigen Halbwalmdach, Bohlenstube mit Bohlendecke, weitere Bohlenstube. 1512 (d). § 2 ( aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)

Besonderheiten

Nach 1562 bis 1650 befand sich hier eine erste erkennbare deutsche Schule im "Nonnenhaus". Möglicherweise war hier auch der Standort der "Maidlachschul", in der um 1537 Reparaturen vorgenommen wurden.

Aus: Ulrike Marski (Hrsg.), Katechismus, Nähzeug, Büchermappe. Weibliche Bildungswege in Schwäbisch Hall. Broschüre zur gleichnamigen Ausstellung. Schwäbisch Hall 2002, S. 9

Quellen

Literatur:

Otto Haug (Bearbb.): Baden-Württembergisches Pfarrerbuch, Bd. II/2: Pfarrerbuch Württembergisch Franken, Tl. 2, Stuttgart 1989, Nr. 2107 (G. F. C. Ritter) Nr. 2281 (Jac. Fr. Schiller)

Archivalien:

  • StadtA Schwäb. Hall 4/1545 (Häuserbuch 1712), S. 11
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1547 (Häuserbuch 1767), S. 18
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1547a (Häuserbuch 1782), S. 25
  • StadtA Schwäb. Hall 18/02845 (Realteilung der Katharine Friederike Bauer geb. Pabst, 1871)
  • StadtA Schwäb. Hall 19/826 (Güterbuch, Bd. 1), S. 99
  • StadtA Schwäb. Hall 19/836 (Güterbuch, Bd. 11), S. 131
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1001 (Kaufbuch 1810-1813), Bl. 323r
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1002 (Kaufbuch 1814-1817), Bl. 156r
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1023 (Kaufbuch 1844-1846), Bl. 43r
  • StadtA Schwäb. Hall S01/1694 (Private Unterlagen Fam. Krockenberger/Heeg)
  • Landeskirchl. Archiv Stuttgart MF KB 1391, Bd. 53 (Totenregister St. Michael 1823-1834), Nr. 86/1832 (Eintr. G. M. Wagner)
  • Landeskirchl. Archiv Stuttgart MF KB 1391, Bd. 54 (Totenregister St. Michael 1835-1855), Nr. 67/1843 (Eintrag U. B. Wagner)
  • Landeskirchl. Archiv Stuttgart MF KB 1394, Bd. 70 (Familienregister St. Michael 1808ff), Bl. W  91 (Eintrag G. M. Wagner)