Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.

Salinenstraße 12 - ehem. Haus des Salinendirektors (Sachgesamtheit Salinenstr. 12, 12a, 13, 16, 20) - ehem. kgl. Saline

Adresse: Salinenstraße 12
Primärkatasternummer: 923a/b
Besitzer: 1827
Königl. Salinenverwaltung


Besitzerliste

1827: Königliche Salinenverwaltung

Befunde aus Bauforschung

1994 wurde hinter dem Haus Salinenstraße 12 im Zuge von Bauarbeiten eine bis  zu 4,5 m tiefe Baugrube ausgehoben. Bis ca. 3 m sind neuzeitliche Planierungen vorhanden. Zwei Mauerfundamente über Pfahlrosten gehören zu den nach 1739 errichteten Sole-Reservoirs des ehem. Gradierwerks der Saline. Von ca. 3m bis 4.5m wurden Schwemmschichten des Kochers festgestellt, die aufgrund der Fundkeramik im Laufe des Mittelalters entstanden sind. Vgl. StadtA Schwäb. Hall BF 186 und Datenbank Bauforschung Baden-Württemberg.

Beschreibungen

1827:

PKN 923a: altes Reservoir samt Wohnung  mit 2/8 Morgen und 38,5 Ruten;
PKN 923b: neues Reservoir mit 2/8 Morgen und 10,2 Ruten Grundfläche

 

Eintrag in der Denkmalliste 1982

Die ehem. Salinengebäude - das Wohnhaus des Salinendirektors und Verwaltungsbau, das Wohnhaus des Obersteigers mit Schöpfwerk für die Gradierhäuser - entstanden nach 1834, anlässlich der Verlagerung der Salzproduktion vom Haalplatz auf die Spitalwiesen, nachdem die Saline Eigentum des Staates geworden ist. Die Bauten entwarf der Haller Salinen- und Kreisbaumeister Karl Stock, der in der Stadt auch durch die Errichtung des neuen Friedhofes mit der Nikolauskapelle und der Rippergbrücke in Erscheinung trat. Für die Salinenbauten kennzeichnend ist das schlichte Äußere der überwiegend zweigeschossigen verputzten Häuser mit Walmdach. Sie gehören zu einer bedeutenden Baumaßnahme der 1. Hälfte des 19. Jh. in Schwäbisch Hall, die hier namengebende Tradition hat. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, S. 364)

Die königliche Saline Hall

Da am traditionellen Standort der Schwäbisch Haller Saline auf dem Haalplatz  kein ausreichender Platz für eine grundlegende Modernisierung der Salzgewinnungsanlagen vorhanden war, wurde 1831 der Auftrag für die Planung einer komplett neuen Saline auf einem Areal nördlich des damaligen Stadtgebiets erteilt. Im April 1834 erging der Bauauftrag mit dem Ziel, das erste Siedhaus im Herbst 1835 in Betrieb nehmen zu können. Zum ersten Bauabschnitt gehörten zwei Siedhäuser, ein Magazingebäude, eine Werkschmiede und ein Werkhaus. Von den beiden Siedepfannen (eine je Siedhaus) erhoffte man sich einen Jahresertrag von 40.000 bis 50.000 Zentnern Salz. Angesichts eines steigenden Bedarfs u.a. durch die sich entwickelnde chemische Industrie begannen bereits im Mai 1839 die Planungen für eine Erweiterung. Die durch einen Magazinbau verbundenen Siedhäuser 3 und 4 konnten 1840 bzw. 1842 in Betrieb genommen werden. Weitere Ergänzungen um die Siedhäuser 5 und 6 wurden bis 1880 abgeschlossen. Die Schornsteine der Siedhäuser waren etwa 30 m hoch. Die letzten beiden Siedehäuser scheinen nur als Reserveanlagen gedient zu haben, denn sie galten bereits 1912 als total verrottet und dürften damals bereits lange nicht mehr genutzt worden sein. Aufgrund des großen Holzverbrauchs – pro Siedhaus und Jahr waren es etwa 500 Klafter (1.700 Kubikmeter) – begann bereits 1855 die Umstellung auf Steinkohlenfeuerung. Mangels Eisenbahnanbindung mussten zunächst Straßenfahrzeuge das Brennmaterial anliefern; die Verwendung von angeflößtem Holz endete erst 1862 mit dem Bau der Eisenbahnlinie nach Heilbronn, die auch den Kohlentransport erleichterte.
In der  Saline wurde nicht mehr die Sole aus dem Haalbrunnen auf dem Haalplatz in der Schwäbisch Haller Innenstadt verarbeitet, sondern Steinsalz aus dem ab 1823 erschlossenen Bergwerk Wilhelmsglück. Das Salz wurde dort in Wasser gelöst und über eine 10 km lange Leitung aus Holzdeicheln nach Schwäbisch Hall gepumpt. Durch das Lösen und erneute Versieden wurden Verunreinigungen aus dem Salz entfernt und dieses zu Speisesalz veredelt. Ab 1891 verarbeitete die Haller Saline aus einem Bohrloch bei Tullau im Kochertal gewonnene Sole. Sie wurde damit unabhängig von Wilhelmsglück, das bereits 1900 stillgelegt wurde.
In jedem der Siedehäuser stand eine fest eingebaute, 12,9 x 9,3 m große und 72 cm hohe Siedepfanne, überhöht gab es noch eine von den abziehenden Gasen erhitzte „Dampfsiedepfanne“, die als Vorwärmpfanne diente. Zwei weitere „Trockenpfannen“ befanden sich seitlich der Siedepfanne. Die Sieder zogen das sich in der Pfanne bildende Salz mit sog. „Krücken“ an den Rand der Pfanne und ließen es auf einem Podest abtropfen. Anschließend kam es in die Trockenpfannen, von dort auf die im oberen Stockwerk der Siedehäuser angelegten „Trockenaltäre“. Nach erfolgter gänzlicher Trocknung kam das Salz in das Salzmagazin, in dem es gesiebt, gewogen und zum Abtransport verpackt wurde.
In seiner Endausbaustufe umfasste die Saline insgesamt 19 Gebäude, von denen der (fälschlich auch als „Gradierhaus“ bezeichnete) 50 m lange, 17 m breite und 23 m hohe Solespeicher als größtes Bauwerk die Anlage dominierte. Die Balken dieses offenen Gebäudes ohne geschlossene Außenwände waren im Lauf der Jahrzehnte von einer dicken Schicht Salzkristalle überzogen worden. In mehreren Großbehältern konnten hier bis zu 2.000 Kubikmeter Sole gelagert werden.
Produktionszahlen liegen aus der Endphase der Saline vor, als nur noch drei der insgesamt sieben Pfannen in Betrieb waren. Die Jahresproduktion betrug 1909 noch 5.000 Tonnen Salz, ging aber ab 1916 auf 2.700 bis 3.000 Tonnen zurück. Die Zahl der Beschäftigten war auf 30-35 Personen geschrumpft. In den 1850er Jahren hatten Saline und Bergwerk gemeinsam bis zu 700 Menschen Arbeit gegeben. Wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit schloss der württembergische Staat die Saline auf den 1. April 1924. Die meisten Salinenbauten wurden in den 1932/33 abgerissen, um Platz für den Bau der Johanniterstraße als erster Schwäbisch Haller Umgehungsstraße zu schaffen. Erhalten blieben lediglich das Wohnhaus des Salinendirektors (Salinenstraße 12), das ehemalige Werkhaus (Salinenstraße 20) und die Werkschmiede und Wohnung des Salzinspektors (Salinenstraße 16/1). Das letztgenannte Gebäude wurde 1993 trotz Einspruch des Landesdenkmalamts abgerissen, um Platz für eine Erweiterung der Feuerwache zu schaffen.
(Text: Daniel Stihler, nach Gottlob Jungk und Theo Simon)

 

Quellen

Literatur (Auswahl):

  • Gottlob Jungk: Das Steinsalzbergwerk Wilhelmsglück und die letzte Saline in Hall (Veröffentlichungen des Vereins Alt Hall e.V.; H. 7), Schwäbisch Hall 1978
  • Theo Simon: Salz und Salzgewinnung im nördlichen Baden-Württemberg. Geologie - Technik - Geschichte (Forschungen aus Württembergisch Franken; Bd. 42), Sigmaringen 1995, S. 70-148, insbes. S. 131-135