Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.

Schiedgraben - ehem. Limpurger Tor mit Neu-Tor (Reste)

Adresse: Schiedgraben
Primärkatasternummer: 879
Besitzer: 1827
Die Stadtgemeinde


Besitzerliste

1827: Die Stadtgemeinde

Beschreibungen

1827: Comburger Tor 11,1 und 6,2 Ruten, Torhaus 4,1 Ruten, Grenze 2,7, insgesamt 24,1 Ruten Grundfläche

Das Limpurger Tor und das Stätt-Tor

Das Limpurger Tor wird von Eduard Krüger der ältesten Ausbaustufe der Stadtbefestigungen vor 1200 zugerechnet. Wie z.b. beim heute noch existierenden Malefizturm verlief die Außenwand des Torturms bündig mit der Stadtmauer. Der Grundriss des rechteckigen Turms betrug 7,50 x 11 m, die Höhe ab der Sohle des Schiedgrabens wird auf etwa 33 m geschätzt. Der Turm war ursprünglich oben offen und trug eine Plattform mit Zinnen und Wasserspeiern. Dieser Bauzustand wird noch bei Braun-Hogenberg (um 1580) wiedergegeben. Später erhielt ein ein gekurvtes Zeltdach. An der Außenseite befand sich ein Fallgitter, dessen Führungssteine in einer Zeichnung kurz vor 1831 noch zu erkennen sind.

Vor dem eigentlichen Torturm befand sich ein nach oben offenes Vortor, das vermutlich im 15. Jahrhundert entstand und dem entsprechenden Bauwerk am Weilertor sehr ähnlich gewesen sein dürfte. Die Fundamente sind stadtseitig unter der modernen Stahlbrücke neben bzw. vor dem Haus Untere Herrngasse 14 ("Waldhorn") zu erkennen. Offenbar wurde das Vortor im 18. Jahrhundert (laut Krüger um 1780) teilweise abgebrochen, wodurch der Wehrgang und die Schlitze für die Schwungbalken der Zugbrücke verschwanden. Stattdessen entstand ein Aufbau mit Segmentgiebeln und Vasen, die den Wappenstein von 1543 umrahmten. Von dem Vortor aus führte eine steinerne Brücke über den Schiedgraben, die stadtseitig zugunsten einer Zugbrücke eine Lücke aufwies. Spätestens im 18. Jahrhundert wurde diese Lücke durch einen Steinbau geschlossen, die Zugbrücke entfernt.

Auf der anderen Seite des Schiedgrabens befand sich das Neu-Tor, das Eduard Krüger zufolge 1543 errichtet wurde. Es hatte einen Grundriss von etwa 6,50 x 8,50 m und war etwas niedriger als das Limpurger Tor. Vor dem Torturm befand sich ein überdachtes Vortor, das im späteren 16. Jahrundert noch durch ein weiteres, entlang der Straße verlaufendes Vortor ergänzt wurde. Das Neutor wurde häufig als Gefängnis genutzt.

Wie die Inschrift des noch vorhandenen Wappensteins erzählt, wurde das Limpurger Tor 1431 im Zuge eines Streits mit den benachbarten Schenken von Limpurg zugemauert, um diesen so die Zoll- und Geleiteinnahmen zu entziehen. Es wird - wohl eine Legende - erzählt, König Sigismund habe auf die Beschwerde der Schenken geantwortet, seine lieben Söhne zu Hall dürften seinetwegen alle ihre Tore zumauern und mit Leitern über ihre Mauern aus- und einsteigen, er werde es ihnen nicht verwehren. Jeder neue Haller Ratsherr musste schwören, "daß er nit wöll raten, daß solch Tor wieder eröffnet würde". Nachdem die Schenken von Limpurg ihre Burg mit Unterlimpurg an die Reichsstadt verkauft hatten, wurde das Tor am 31. Juli 1543 wieder geöffnet. Während des 30jährigen Kriegs drangen 1644 bayerische Truppen unter Graf Hans von Sporck durch das Neu-Tor und das Limpurger Tor in die Stadt ein und besetzten sie. 

Der gesamte Befestigungskomplex von Limpurger Tor und Neu-Tor wurde 1831 abgebrochen.Den Schiedgraben verfüllte man, während der um eine weitere Inschrift ergänzte Wappenstein einen neuen Standort in einer Gartenmauer nahe des alten Standorts erhielt. Später entstand im Bereich des Schiedgrabens das Oberamtsgefängnis, das sogenannte "Blockhaus". Im Zusammenhang mit dem Bau des Parkhauses am Schiedgraben erfolgte 1987 bis 1990 der Abbruch des alten Gefängnisses und eine Freiliegung des Schiedgrabens. In diesem Zusammenhang wurden auch die Fundamentreste des Limpurger Tors und der zugehörigen Brücke freigelegt und konserviert, an ihrem Standort führt heute eine moderne Fußgängerbrücke über den Schiedgraben. Zur 850-Jahrfeier der Stadt im Jahr 2006 errichteten die Gewerblichen Schulen für etwa ein halbes Jahr eine Rekonstruktion des Tores. Eine durch Spenden finanzierte Neuanfertigung des Wappensteins konnte 2007 übergeben werden, das durch Verwitterung stark beschädigte Original kam in das Hällisch-Fränkische Museum.

Quellen

Literatur:

  • Eduard Krüger: Die Stadtbefestigung von Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall 1966, S. 69-73
  • Haller Tagblatt v. 04.04.2006, S. 14 (Rekonstruktion des Tors); 22.12.2007, S. 21 (Wappenstein)