Haller Häuserlexikon – Primärkataster-Nr.
Unterlimpurger Straße 49 - ehem. Unterlimpurgisches Spital, später Gastwirtschaft "Zum Schwanen"
Primärkatasternummer: 102
Besitzer: 1827
Baas, Abraham, Bierbrauer
Besitzerliste
1328 soll eine Frau von Limpurg eine Frauenklause bei der Kirche (damals Marienkirche) zu Unterlimpurg gestiftet haben.
Spätestens im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts bestand diese Frauenklause nicht mehr, die Gebäude wurden in ein Spital umgewidmet.
1541 beim Verkauf der Limpurg samt Unterlimpurg kam auch das Hospital in Unterlimpurg zur Reichsstadt Schwäbisch Hall.
1562 hatte Melchior Rappoldt in diesem Spitalsgebäude eine öffentliche Gastwirtschaft eingerichtet.
1563 scheint Wolf Weidenbach der Wirt gewesen zu sein, mit dem die Stadt Schwäbisch Hall sich über Bodenschatz und Umgeld einigte.
Danach befand sich das Gebäude im Besitz der Herren von Tegernau (oder Degernau): 1602-1605 und 1620-1636 wird Hans Ludwig von Degernaus Ehefrau, geb. von Helmstatt, als Lehenträgerin genannt.
1636 löste Eytel Friedrich von Tegernau die Herrengült auf diesem Haus, danach gab es nur noch Vorgeldgült.
Von den Erben der Tegernau wurde das Haus 1648 an Wilhelm Sandel verkauft. Sandel belebte die Wirtschaftsgerechtigkeit wieder und erhielt 1649 das Recht, Bier zu brauen (da den Leuten der Wein zu teuer sei).
Mit einem Kaufvertrag vom 22. Januar 1652 veräußerte Wilhelm Sandel das Spital zu Unterlimpurg, nunmehr Gastwirtschaft zum Schwanen, an Andreas Deublin für 1.400 fl. (StadtA Schwäb. Hall 4/656, fol. 173V)
Danach herrscht in den Besitzerlisten eine kleine Wirrnis, denn einerseits soll 1654 David Staiger aus Basel das Haus besessen haben, andererseits aber wird 1652 schon Endres Däublin als Beistzer genannt.
Endres Däublin gibt vom "Spital zu Unterlimpurg" bis 1673 Gült. Ihm folgte
1673-1676 Hans Werthwein.
1676-1707 betrieb Hans Jerg Happoldt die Wirtschaft, den 1707 seine Witwe Maria Catharina beerbte ("gibt vom Spital zu Unterlimpurg, so jetzo das Schwanenwirtshaus, 2 Schilling Vorgeldgült").
1709 übergab Maria Catharina (gegen 1.600 Gulden) das Anwesen an ihren Sohn Johann Michael Happoldt, der bis 1736 darauf blieb.
1736-1737 wird kurzfristig Maria Barbara Happoldtin als Schwanenwirtin genannt.
1737 kaufte Hans Caspar Häfelin von Spaichbühl Haus und Gastwirtschaft. Er besaß sie auch 1767 noch. 1768 verkaufte er an Johann Georg Müller.
1768-1781 betrieb Johann Georg Müller den "Schwanen", der 1781 vom Rotgerber Christoph Friedrich Schloßstein erworben wurde.
1782 trennte sich Schloßstein schon wieder von seinem Besitz.
Er wollte die Gastwirtschaft in diesem Jahr an Georg Adam [a. Johann Michael] Haigold aus Vellberg verkaufen, wogegen Johann Friedrich Schröder, Einspänniger, Einspruch erhob und sie auslosen (d.h. zum vereinbarten Kaufpreis übernehmen) wollte, da der Besitz solcher Güter Bürgern vorbehalten sei. Der Rat gab Schröder recht.
1785 machte Schröder bankrott.
Nach Schröder gehörte die Wirtschaft samt Braustatt, Scheuer und Garten Gottlieb Schneider, Schultheiß in Unterlimpurg, Johann Peter Happold und "endlich" 1798 Friedrich Adam Leonhard, Mitglied des Spitalgerichts.
1819 befand sie sich im Besitz von dessen Sohn Johann Friedrich Leonhard. 1823 schließlich hatte David Heinrich Österle das Anwesen (um 6.100 Gulden) erworben.
1827: im Primärkataster als Besitzer genannt: Baas, Abraham, Bierbrauer
1852/53: Nach einem Erlass des Oberamts vom 28. Dezember 1852 wird die Wirtschaft zum Schwanen mit aller Zubehör zufolge eines am 23. März 1853 eingetragenen Vertrags aus der Gantmasse des Schwanenwirts Andreas Weidner für 3.500 Gulden an den Schneider und Bierwirt Friedrich Schön verkauft.Der Besitzübergang ist bereits am 1. Juli 1852 erfolgt.
1859: Schwanenwirt Schön verkauft laut einer "Privat Übereinkunft" vom 29. Juni 1859 die Schildwirtschaft zum Schwanen mit Nebengebäuden, Grundstücken, einem Keller unter dem Haus Nr. 131 [= Unterlimpurger Straße 62] sowie einem Eiskeller in der Badersklinge für 4.500 Gulden an den Bierbrauer Christian Mörz aus Kochersteinsfeld und dessen Ehefrau Katharine geb. Horlacher. Datum des Besitzübergangs ist der 1. Juli 1859. Der Verkäufer und seine Frau behalten sich die lebenslange Nutzung des Kellers unter dem Vogel'schen Haus, die Benutzung der Scheuer, des hinteren Stalles und der Dungstätte bis Jakobi [25. Juli] 1860, sowie der Wohnung im Haus bis Martini [= 11. November] dieses Jahres vor.
1873: Christian Mörz und Catharina Marie Mörz geb. Horlacher verkaufen das Anwesen mit allen Nebengebäuden und Grundstücken, dem Keller unter dem Haus Nr. 131 und dem Brauerei- und Wirtschaftsinventar am 12. März 1873 für 10.000 Gulden an den Speisewirt Friedrich Utz aus Hall.Als Datum des Besitzübergangs wird der 1. April 1873 festgelegt. Ein Teil der Kaufsumme wird durch die Übernahme von insgesamt 4.900 Gulden Pfandschulden bei verschiedenen Gläubigern abgegolten.
1898: Der bisherige Schwanenwirt Friedrich Utz verkauft den Besitzkomplex am 17. Februar 1898 für 23.000 Mark an Friedrich Schulz, Bierbrauer in Schwäbisch Hall. Als Datum des Besitzübergangs wird der 1. Mai 1898 festgelegt. Ein Teil der Kaufsumme geht an die beiden Söhne des Verkäufers, Friedrich Utz, Kaufmann in Mainz, und Carl Utz, Kaufmann in Eßlingen.
In den Adressbüchern genannte Besitzer und Bewohner
1886: als Besitzer genannt: Friedrich Utz zum Schwanen [Anschrift: "Unterlimburgerstr. 102"]
Mieter/Mitbewohner: Mina Faber; Johann Greiner, Dreher; Michael Koppenhöfer, Schuhmacher; Johann Lieber, Taglöhner; Johann Stark, Schneider; Martin Strohmaier, Bürstenmacher; Gottlob Ziegler, gew. Feldschütze
1890: als Besitzer genannt: Friedrich Utz, Schwanenwirt
Mieter/Mitbewohner:Johann Böhm, Wagner; Mina Faber, Fräulein; Michael Koppenhöfer, Schuhmacher; Andreas Maas, Wirtschaftspächter; ; Martin Strohmaier,Bürstenmacher; Johann Thürrauch, Taglöhner
1894: als Besitzer genannt: Friedrich Utz, Schwanenwirt
Mieter/Mitbewohner: Johann Georg Bölz, Taglöhner; Mina Faber, Fräulein; Jakob Frank, Taglöhner; Georg Hofmann, Wirtschaftspächter; Johann Ickinger, Schuhmacher; Friedrich Rothenberger, Zimmermann; Franz Veitinger, Metzger
1901: als Besitzer genannt: Friedrich Schulz, Wirt [neue Anschrift: "Unterlimpurgerstraße 49"]
Mieter/Mitbewohner: Franz Veitinger, Metzger; Christian Rothenberger, Eisendreher; Friedrich Utz, Metzger; Wilhelmine Faber; Friedrich Lechner, Taglöhner; Martin Strohmaier, Bürstenmacher; Friedrich Rothenberger, Zimmermann
1906: als Besitzer genannt: Friedrich Schulz, Gasthausbesitzer zum Schwanen
Mieter/Mitbewohner: Friedrich Scholl, Wirtschaftspächter; Jakob Kütterer, Taglöhner; Christian Rothenberger, Eisendreher; Friedrich Rothenberger, Zimmermann; Georg Koppenhöfer, Schneider; Martin Strohmaier, Holzarbeiter; Friedrich Klenk, Unternehmer
1910: als Besitzer genannt: Friedrich Schulz, Wirt
Mieter/Mitbewohner: Christian Rothenberger, Eisendreher;Martin Strohmaier, Bürstenmacher; Georg Koppenhöfer, Schneider; Friedrich Rothenberger, Zimmermann; Friedrich Klenk, Unternehmer; Georg Lambacher, Fabrikarbeiter
1920: als Besitzer genannt: Hermann Tänzler, Gastwirt
Mieter/Mitbewohner: Martin Strohmaier, Bürstenmacher; Ernst Amadei, Schleifer; Friedrich Ott, Fabrikarbeiter; Friedrich Feuchter, Taglöhner; Marie de Kayser, Privatierin; Gottlieb Schneider, Taglöhner; Wilhelm Schneider, Maschinen-Arbeiter; Friedrich Schneider, Sattler; Wilhelm Vogelmann, Steinhauer
1928: als Besitzer genannt: Karl Lindner, Brauereibesitzer [wohnhaft Neue Straße 25]
Mieter/Mitbewohner: Christine Amadei, Witwe; Georg Kübler, Schuhmachermeister; Friedrich Ott, Arbeiter; Gottlieb Schneider, Taglöhner; Friedrich Schneider, Sattler
1932: als Besitzer genannt: Karl Lindner sen. und jun., Brauereibesitzer [wohnhaft Neue Straße 25]
Mieter/Mitbewohner: Karl Hörrmann, Kraftwagenführer und Gastwirt zum Schwanen; Christine Amadei, Witwe; Friedrich Ott, Arbeiter; Karl Schelb, Melker
1938: keine Besitzer genannt [vermutlich weiterhin: Karl Lindner Brauereibesitzer, wohnhaft Neue Straße 25]
Mieter/Mitbewohner: Karl Hörrmann, Chauffeur und Gastwirt zum Schwanen; Erwin Breßmer, Feldwebel; Rosa Brunner, Hausgehilfin; Hermann Ensinger, Bankdirektor; Otto Göppinger, Oberstfeldmeister; Martha Haas, Haushälterin; Friedrich Scheuermann, Studienassessor; Rosine Späth, Witwe u. Sozialrentnerin; Dr. Gerhard Storz, Studienrat; Karl Uhlmann, Schlossermeister; Elisabeth von Ziegesar, Witwe
1956: keine Besitzer genannt [vermutlich weiterhin: Karl Lindner Brauereibesitzer, wohnhaft Neue Straße 25]
Mieter/Mitbewohner: Erich Eberle, Kraftfahrer; Laura Eberle, Serviererin; Gerda Ensinger, Hausfrau; Hermann Ensinger, Bankdirektor i.R.; Laura Feil, Bedienung; Siegfried Greiner, Beifahrer; Alfred von Jan, Zahnarzt; Alfred von Jan [jun.], Praktikant; Anna von Jan, Hausfrau; Ernst Käpplinger, Kraftfahrer, Margarethe Käpplinger, Hausfrau; Wilhelm Koch, Kaufmannsgehilfe; Gisela Kopczynski, Hausgehilfin; Maria Ludwig, Witwe; Andreas Nieß, Steuersekretär; Pauline Nieß,Hausfrau; Friedericke Riedel, Hausfrau; Lieselotte Riedel, Wirtschaftspächterin zum Schwanen; Elvira Röder, Oberstudienrätin u. Rektorin des Mädchengymnasiums; Marie Röder, Witwe
Beschreibungen
historische Beschreibungen
1827 (Primärkataster): 1/8 Morgen, 97, Ruten, Anbau 3, Scheuer 11,3 Ruten, 3 Oekonomiegebäude mit 1,8, 2,5 und 1 Ruten, Hof daneben 14,3, Hof hinten 3,9 Ruten
1852 (Verkauf an Friedrich Schön): "N. 102. Ein zweistokigtes Wohnhaus in Unterlimburg bey der Kirche mit Real Gerechtigkeit zur Schwanenwirtschaft und Brauerey mit 2 gewölbten Kellern und einem Anbau. 102a Eine Scheuer hinter dem Haus und ein Oeconomie Gebäude im Garten. 18,2 Rthn Hofraum hinter und neben dem Haus. 18,1 Rthn Gemüs Garten hinter dem Haus. Ein Keller unter dem Haus des Jakob Vogel. Nebst denen in einem besonderen Verzeichniß aufgeführten in Kauf gegebenen Brauerey Geräthschaften."
1859 (Verkauf an Christian Mörz): "Ein großes 3stokiges Wohnhaus mit Bierbrauerey und Schildwirtschafts Gerechtigkeit zum Schwanen in Unterlimburg. - Eine Scheuer daneben, oben am Weg in die Klinge. - 3 kleinere Oekonomie Gebäude im Garten, hinter dem Haus. - 18,2 Rt. Hofraum am Haus. - Einen unter dem Wohnhaus des Jakob Michael Vogel, in Unterlimburg, bey dem ehemaligen Kasernen Plaz befindlichen großen Keller, so weit er untermauert ist, mit dem Recht des Eingangs in denselben durch die oben beschriebene Behausung. - Einen im Jahr 1854 neu gegrabenen Keller, unter dem städtischen sogenannten Schloßbühel in der Baders Klingen."
1873 (Verkauf an Friedrich Utz): "1/8 M 9,7 R / 3,0 R. IX 102. Ein 2stockiges Wohnhaus mit Realgerechtigkeit zur Schildwirtschaft zum Schwanen und Bierbrauerei und zwei gewölbten Kellern, auch einem Anbau zu Unterlimburg neben Bronnenknecht Mugler, Ochsenwirt Groß Wittwe und der Kirche, B.V.A. 9.000 fl. 11,3 R. IX 102a. Eine Scheuer hinter obigem Haus B.V.A. 650 fl1,8 R. / 2,5 R / 1,0 R. Oekonomie Gebäude im Garten hinter vorbeschriebenem Haus. B.V.A. der Kegelbahn 50 fl. 14,3 R. / 3,9 R. IX 102 Hofraum hinter und neben dem Haus. Einen unter dem Wohnhaus des Georg Stephan (früher Jakob Michael Vogel und der Müller Michael Schulz'schen Kinder von Steinbrück) Nro. 131 [= Unterlimpurger Straße 62] bei dem ehemaligen Kasernenplatz befindlichen großen Keller. soweit er untermauert ist, mit dem Recht des Eingangs in denselben durch die obenbeschriebene Behausung. Ein im Jahr 1854 neu gegrabener Keller unter dem städtischen sogenannten Schloßbuckel in der Badersklinge."
1898 (Verkauf an Friedrich Schulz): "4 Ar 99 qm IX 102. ein 2stockiges Wohnhaus mit Realgerechtigkeit zur Schildwirtschaft z. Schwanen, 2 gewölbten Kellern, auch einem Anbau zu Unterlimpurg, neben Bäcker Pfeffer u. dem Kirchhof. - 93 qm IX 102A. eine 2barnige Scheuer hinter obigem Haus. - 44 qm Hofraum, früher Oeconomie Gebäude im Garten hinter vorbeschriebenem Haus. - 1 Ar 49 qm IX 102 Hofraum hinter u. unter dem Haus. = 7 Ar 85 qm."
Beschreibungen aus den Denkmallisten
Ehem. Unterlimpurgisches Spital, dann Gasthaus "Zum Schwanen", verputzter Fachwerkbau mit Halbwalmdach, gotische Türgewände, Stiftertafel bez. 1476, barock umgestaltet, Fenstergewände, Wirtshausausleger. Eingetragen in das Landesverzeichnis der Baudenkmale in Württemberg seit 08. Oktober 1925. (StadtA Schwäb. Hall: Liste der Kulturdenkmale Stadt Schwäb. Hall, Stand 10/1982, S. 407)
Unterlimpurger Straße 49 (Flst.Nr. 0-215). Ehem. Unterlimpurgisches Spital, später Gasthaus „Zum Schwanen”, verputzter Fachwerkbau, Halbwalmdach, gotisches Türgewände, Stiftertafel, bez. 1476, barock umgestaltet, Fenstergewände, Wirtshausausleger. § 28 (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, Stadt Schwäbisch Hall, Stand 13.11.2013)
Besonderheiten
Wirtschaftsinventar
Im Vertrag über den Verkauf der Schwanenwirtschaft von Christian Mörz an Friedrich Utz von 1873 ist eine mehrere Seiten umfassende Aufzählung des Inventars der Wirtschaft und der Brauerei enthalten, in der auf Kleinigkeiten wie Spielkarten, Schnapsgläser, Salzbüchsen und Senftöpfe aufgelistet sind.
Brand am 10. November 1934
In der Nacht vom 9. auf den 10. Dezember entstand im "Schwanen" ein Brand, bei dem das Gebäude bis auf die steinernen Außenmauern und das Kellergewölbe weitgehend zerstört wurde.
Bericht des Oberlandjägers Bolz:
"I. kurzer Sachverhalt:
In der Nacht vom 9./10, November 1934 am 10.11.34 um etwa 2 1/2 Uhr ist in der Gastwirtschaft zum "Schwanen" in Unterlimpurg in Schwäb. Hall, im Gebäude Nr. 49 der Unterlimpurgerstrasse ein Brand ausgebrochen, dem das Gebäude bis zu den Grundmauern zum Opfer gefallen ist. Eigentümer des Gebäudes ist Brauereibesitzer Karl Lindner sen. in Schwäbisch Hall [...] Nach den gemachten Erhebungen kommt mit aller Wahrscheinlichkeit als Brandursache fahrlässige Brandstiftung in Frage. Tatverdächtig ist die Ehefrau des Schlossers Karl Oehler, [...] Käthe Oehler. Dieselbe leugnet zwar, durch Fahrlässigkeit den Brand verursacht zu haben, sie konnte auch an Hand von Beweismitteln der Tat nicht überführt werden. Zugegeben hat die Oehler, dass sie in einem Kistchen in ihrer Bodenkammer, woselbst mit aller Wahrscheinlichkeit der Brand ausgebrochen ist, Asche gelagert hat. Die Asche will die Oehler allerdings schon vor etwa 7 Wochen in dem fragl. Kistchen in die Kammer gestellt haben.
II. Näherer Sachverhalt:
Am 10.11.34 wurde ich von der Polizeiwache aus telefonisch von dem Ausbruch des Brandes in der Schwanenwirtschaft in Kenntnis gesetzt. Fleichzeitig wurde mir von dort mitgeteilt, daß die Weckerlinie [Feuerwehr] bereits alarmiert sei und sich auf dem Weg zum Brandplatz befinde. Ich begab mich sofort auf den Weg zum Brandplatz und traf dort 3:15 Uhr ein. Bei meinem Eintreffen war die Feuerwehr bereits anwesend und begann mit Lösch- und Ausräumungsarbeiten. Der 2. Stock konnte nicht mehr betreten werden. da derselbe, und zwar in der Hauptsache in der Mitte des Gebäudes bereits in hellen Flammen stand und teilweise schon das Dach eingebrochen war. Im 1. Stock war auch bereits die zwischen dem 1. und 2. Stock liegende Decke im Schlafzimmer des Steuerassistenten Müller durchgebrochen. Die Feuerwehr und sonstige am Brandplatz anwesende Personen nahmen die Ausräumung des im 1. Stock befindlichen Mobiliars vor und konnten dasselbe auch zum grössten Teil retten. Zunächst brannte noch im 1. Stock das elektrische Licht, so dass von vorneherein feststand, dass der Brand nicht durch Kurzschluß entstanden sein konnte. Da der Brand schon soweit fortgeschritten war, konnte an den eigentlichen Brandherd nicht mehr vorgedrungen werden und konnten deshalb zunächst Beweise über den Ausbruch des Brandes nicht erbracht werden. Kurz nach meinem Eintreffen auf dem Brandplatz liess ich den stellv. Oberamtsvorstand Herrn Reg. Rat Fahr durch einen Polizeiwachtmeister von dem Brand in Kenntnis setzen, der auch alsbald auf dem Brandplatz erschien. Weiter liess ich Herrn Staatsanwalt Dr. Friderich von dem Brand in Kenntnis setzen und auch dieser erschien alsbald auf dem Brandplatz. Inzwischen trafen auch die übrigen Landjäger der Hauptstelle auf dem Brandplatz ein und habe ich mit Unterstützung derselben alsbald mit den Erhebungen über die Brandursache begonnen. [...]
Das abgebrannte Gebäude, Gebäude Nr. 49 lag in der Unterlimpurgerstrasse in Schwäb. Hall. Südwestlich von demselben führt die Unterlimpurgerstrasse und nordöstlich der Klingenweg vorbei. Die Bewohner des 1. Stock hatten teilweise ihren Eingang auf der nördlichen und teilweise auf der südlichen Seite des Gebäudes, während die im 2. Stock untergebrachten Bewohner ihren Eingang direkt vom Klingenweg aus durch einen Verbindungsgang hatten. Im 1. Stock befand sich auf der nordöstlichen Seite rechts vom Hausgang das Wirtschaftszimmer mit Nebenzimmer, links davon die Wohnung des Hörmann. Anschliessend daran lag die Wohnung des Glasbrenner und zwar rechts und links vom Hausgang. Auf der südlichen Seite lag die Wohnung des Müller, welcher seinen Eingang von der Südseite des Gebäudes aus hatte. Auf der nördlichen Seite des 2. Stocks lag zunächst die Wohnung des Ott und der Witwe Amadei. Anschliessend daran lag die Wohnung des Oehler und an diese anschlliessend auf der südlichen Seite des Gebäudes die des Noller. Mitten durch den 2. Stock ging ein ziemlich breiter Gang. Rechts von diesem Gang befand sich zunächst die Bühnenkammer des Noller, anschliessend an diese die des Müler, an diese anschliessend an diese die des Oehler. Der auf der nordöstlichen Seite angebaute Scheunenanbau wurde vom Feuer nicht erfasst und blieb unversehrt. Nördlich von dem abgebrannten Gebäude liegt 4,50 m enfernt die Bäckerei Kissling und 4,50 m südlich davon die Urbanskirche.Beide Gebäude waren durch den Brand wohl gefährdet, sind aber von demselben nicht erfasst worden. Das Gebäude rechts von der Unterlimpurgerstrasse, sowie auch diese links vom Klingenweg waren durch den Brand nicht gefährdet. Der 1. Stock des Gebäudes ist nun teilweise ausgebrannt und die zwischen dem 1. und 2. Stock gelegene Decke teilweise durchgebrannt. Dagegen ist der 2. Stock samt oberer Bühne vollständig abgebrannt. Der noch restlich stehengebliebene Teil des Gebäudes wurde am Brandtage, nachdem der Brand gelöscht war, von Fotograf Eichner fotografiert."
Zeugenaussage der Lina Friedrich, wohnhaft Unterlimpurger Straße 56, Ehefrau des Eisenbahnobersekretärs Karl Friedrich:
"Ich erwachte an einem Geräusch, das ich zunächst für starken Regen hielt und schaute zum Fenster hinaus, und zwar in Richtung gegen das abgebrannte Gebäude. Es schlug gerade 3 Uhr. Hiebei sah ich in der Mitte des Gebäudes schon Flammen emporschlagen. Da ich gerade gegenüber dem abgebrannten Gebäude wohne, habe ich so arg ich konnte, Glasbrenner und Feuer geschrien. Nachdem ich einigemale geschrien hatte, flammte gleichzeitig in der Schlafstube des Glasbrenner und des Müller Licht auf. Dieselben mussten mich gehört haben und als ich diese Ueberzeugung hatte, habe ich mich zunächst notdürftig angezogen. Inzwischen war der Brand schon so weit fortgeschritten, dass in der Mitte des Hauses, etwa oberhalb dem Schlafzimmer des Müller, das Dach zusammenbrach. Es kam dann schon die Feuerwehr und sonstige Personen auf den Brandplatz. Als ich zuerst aus dem Fenster sah, habe ich noch niemanden wahrgenommen und habe in dem abgebrannten Gebäude auch nicht gehört, dass dort schon jemand auf gewesen wäre. Wenn natürlich zum Klingenweg von den Bewohnern des 2. Stockes jemand schon das Haus verlassen hatte, so konnte ich dies von meiner Wohnung aus nicht sehen. Gehört habe ich jedenfalls in diesem Augenblick noch niemand. Die Flammen waren zunächst noch nicht gross, ich sah eben, dass Feuer auf der Bühne war und schon zwischen den Ziegeln herausschlug."
Zeugenausage des Maurers Karl Noller, wohnhaft im 2. Stock des abgebrannten Gebäudes:
"Seit 1/4 Jahr bin ich in dem nunmehr abgebrannten Hause wohnhaft. Meine Wohnung besteht aus 2 Zimmern, 1 Küche und 1 Kammer. Z.Zt. arbeite ich bei Baugeschäft Vogelmann in Schwäb. Hall. Am Abend vor dem Brand kam ich um 19 1/4 Uhr vom Geschäft zurück und nahm zunächst das Nachtessen ein. Sodann legte ich mich etwa um 20 Uhr schon zu Bett. Meine Frau war noch auf, weil eine Frau Wurm von der Nachbarschaft bei ihr war. Nachts erwachte ich von dem Klopfen an meiner Küchentüre. Ich hörte dann, wie draussen im Gang geschrien wurde, es brenne. Wer an meine Küchentüre geklopft hat, weiss ich nicht genau, es war aber vermutlich der Ott. Ich schaute geschwind zur Küche hinaus und sah, dass es links vom Gang in den Kammern schon lichterloh brannte. Ich zog mir geschwind eine Hose an, nahm mein Kind unter den Arm und verliess sofort meine Wohnung. Meine Frau ging nur mit dem Hemd bekleidet hinter mir her. Da das Feuer schon gegen den Gang hineinschlug und brennende Holzstücke vom oberen Boden heruntergefallen waren, mussten wir uns rechts an der Wand entlang durch den Gang in's Freie flüchten. Ausserhalb dem Gebäude übergab ich mein 2jähriges Kind meiner Ehefrau, die jeden Tag mit ihrer Niederkunft rechnen muss u. begab mich nochmals in mein Wohnzimmer, um dort mir Schuhe und einen Kittel zu holen. Inzwischen brach von der oberen Bühne der Boden und auch teilweise schon das Dach zusammen und fiel auf den Gang, so daß es mir nicht mehr möglich war, meinen Rückweg durch den Gang zu nehmen. Ich war deshalb gezwungen, von meiner Wohnung aus 4 m hoch in den an das Haus angrenzenden Garten hinunter zu springen, um mich zu retten. Mit meinem Mobiliar bin ich nicht versichert. Wie der Brand entstanden sein kann und wo er überhaupt enstanden ist, kann ich nicht angeben, weil die Kammern schon so lichterloh brannten, als ich aus meiner Schlafstube herauskam [...]
Zeugenausage des Schleifers Frirdrich Ott, ebenfalls wohnhaft im 2. Stock des abgebrannten Gebäudes:
"Meine in dem abgebrannten Gebäude innegehabte Wohnung bewohne ich seit dem Jahre 1914. Ich arbeite in der Bügeleisenfabrik Gross AG hier und komme von dort gegen 19 1/4 Uhr nach Hause. Am Abend vor dem Brand habe ich das Haus nach meiner Rückkehr nicht mehr verlassen und habe mich gegen 21 1/2 Uhr in's Bett gelegt. Vor dem Zubettgehen habe ich nichts Verdächtiges und besonders keinen Brandgeruch im Hause wahrgenommen. Es mag gegen 3 Uhr morgens gewesen sein, als ich von meinem Sohn Wilhelm, der neben unserer Küche in einem Kämmerchen schlief, geweckt wurde. Dieser sagte zu mir, er höre schon eine Weile ein Krachen, es müsse etwas im Hause sein. Ich ging im Hemd in den Gang hinaus und sah, dass es in den Bühnenkammern schon lichterloh brannte. Sodann habe ich mit meiner Frau zusammen die Kinder genommen und sie in's Freie gebracht. Ich sprang dann noch den Gang vor und habe noch an der Küchentüre des Noller geklopft und ihn von dem Brand verständigt. Inzwischen war das Feuer so weit fortgeschritten, das das Dach zusammenbrach auf den Gang und schon gegen meine Wohnung sich ausdehnte. Es war mir deshalb nicht mehr möglich in meiner Wohnung etwas zu retten und konnte ich und meine 5 Kinder, von denen das älteste 16 Jahre alt ist, nur das nackte Leben retten. Wie der Brand enstanden ist, weiss ich nicht, aber jedenfalls muss er in den Kammern des Glasbrenner oder des Oehler enstanden sein, denn dort waren die Zwischenwände (Lattenverschläge) bereits schon heruntergebrannt, als ich aus meiner Wohnung herauskam u. bald darauf stürzte auch schon in dieser Gegend das Dach ein. [...]"
(alle Berichte 21/1495, Schr. v. 15.11.1934)
Die Gebäudebrandversicherung bewertete das Haus als weitgehenden Verlust. "Das "Wohn- & Wirtschaftsgebäude ist bis auf geringe Reste vollständig abgebrannt." Übriggeblieben waren lediglich die gemauerten Hausteile und einige Reste des Inventars wie Türen, Fenstersimse, Fenstergitter oder "2 Closette aus weißem Steingut." Die Eigentümer - Carl Lindner sen. Carl Lindner jun., Besitzer der Dreikönigbrauerei in Schwäbisch Hall - erhielten von der Versicherung 40.888 RM (21/1495, undat. Schadensabschätzungsurkunde). Das Ermittlungsverfahren gegen Katharine Öhler wurde Ende November 1934 mangels Beweisen eingestellt. Der Wiederaufbau des "Schwanen" begann im April 1935. Das Haus wurde auf dem alten Grundriss und auf den alten Mauern wieder aufgebaut, allerdings wurde ein weiteres Stockwerk aufgesetzt, so dass das Gebäude statt früher sechs nun neun Wohnungen und die Gastwirtschaft enthielt. Die Wohnungen wurden "wesentlich besser" ausgestattet. Die Baukosten beliefen sich auf 65.503 RM (21/1495, Schr. v. 18.9.1935 u. nnum. Zusammenstellung der Gesamtbaukosten)
Quellen
Archivalien:
- StadtA Schwäb. Hall 4/1544, fol. 675V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1545, S. 276
- StadtA Schwäb. Hall 4/1547, S. 269
- StadtA Schwäb. Hall 4/1547a, S. 470
- StadtA Schwäb. Hall 4/1705, fol. 148V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1706, fol. 3V (im Teil Unterlimpurg)
- StadtA Schwäb. Hall 4/1707, fol. 259V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1708, fol. 40R
- StadtA Schwäb. Hall 4/1709, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1710, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1711, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1713, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1714, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1715, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1716, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1717, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1718, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1719, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 4/1720, fol. 79V
- StadtA Schwäb. Hall 10/586
- StadtA Schwäb. Hall 12/59
- StadtA Schwäb. Hall 19/830 (Güterbuch Bd. 5), Bl. 314ff
- StadtA Schwäb. Hall 19/833 (Güterbuch 8), Bl. 431 ff
- StadtA Schwäb. Hall 19/1026 (Kaufbuch 1852/53), Bl. 151Vff
- StadtA Schwäb. Hall 19/1028 (Kaufbuch 1857/59), S. 292ff
- StadtA Schwäb. Hall 19/1039 (Kaufbuch 1873). S. 206ff
- StadtA Schwäb. Hall 19/1062 (Kaufbuch 1898), S. 71ff
- StadtA Schwäb. Hall 21/1495 (Brand im Gasthaus "Schwanen", Unterlimpurger Straße 49)
Literatur:
- Adress- und Einwohnerbücher 1886-1956
- A. Maisch, D. Stihler: Schwäbisch Hall. Geschichte einer Stadt, Künzelsau 2006, S. 62, 98
Pläne und Ansichten vor 1827:
- StadtA SHA 4/4, Bl. 10 (Zeichung aus Chronik um 1600, Ausschnitt)
- StadtA SHA 16/0021 (Flurkarte Unterlimpurg 1703, Ausschnitt)