Gebäudeverzeichnis

Im Haal - Haalmauer

Adresse: Im Haal
Primärkatasternummer: keine
Besitzer: 1827


Befunde aus Bauforschung

Die Stadtmauer im Bereich des Haalplatzes und die Spuren möglicher Vorgänger

Hinweise auf einen möglichen Vorläufer der heutigen Haalmauer (d.h.der Stadtmauer im Bereich des Haalplatzes) konnten im Sommer 1947 von Dr. Eduard Krüger dokumentiert werden. Bei einem außergewöhnlich niedrigen Wasserstand des Kochers kamen im Flußbett parallel zur heutigen westlichen Haalmauer Pfahlreste zum Vorschein, in denen Eduard Krüger als Reste einer Palisadenbefestigung vermutete. An zwei Stellen sah er Hinweise auf die Existenz von Toren. Anhaltspunkte für die Datierung der Pfahlreihen gibt es nicht, sie sind aus Sicht Krügers in der Zeit vor dem Bau der Stadtmauer entstanden (Krüger S. 24ff), den er auf etwa 1250 datiert.  Neuere archäologische Befunde weisen auf ein möglicherweise etwas früheres Entstehen der (ursprünglichen) Ummauerung des Haals (s. weiter unten). Bei den Pfahlreihen könnte es sich also um einen hölzernen Vorläufer der steinernen Befestigungen handeln. Allerdings lassen sich die Pfahlsetzungen auch anders interpretieren. Es könnte sich um Reste einer Uferbefestigung handeln, die das der Mauer vorgelagerte Gelände gegen den Fluss sicherte. Da der Uferstreifen zwischen Haalmauer und Kocher zur Lagerung von Holz genutzt wurde, sicherte man diesen Bereich durch hölzerne Unterkonstruktionen. Solche hölzerne Befestigungen am Flußufer sind z.B. auf der Stadtansicht von Georg Braun und Franz Hogenberg von etwa 1580 oder auf der nach einer Vorlage von 1831 entstandenen Ansicht des Haals von Peter Koch zu erkennen. Hölzerne Reste, die in diesem Fall recht eindeutig als Ufersicherung dienten, wurden 1999 auch im Flußbett des Kochers vor dem Südabschnitt der Haalmauer dokumentiert (s. unten). Ohne weitere, vor allem auch dendrochronologische Untersuchungen können diese Pfahlreihen weder eindeutig einer Funktion zugeordnet noch datiert werden.

Der Bau der Stadtbefestigung im Bereich des Haals wird von Eduard Krüger, wie erwähnt, auf „um 1250“ datiert. Aus neueren archäologischen Untersuchungen (Michael Weihs, Christian Schaetz) ergeben sich Hinweise auf mehrere Bauphasen. Demzufolge könnte es eine Ummauerung bereits im 12. Jahrhundert gegeben haben. Ihre Spuren haben sich demzufolge im unteren Bereich des Sulferturms und im östlich von diesem gelegenen Stadtmauerzug erhalten. Als Fortsetzung dieses Mauerzugs wird ein Mauerfundament interpretiert, das vorgelagert der jetztigen Südmauer und parallel zu ihrem Verlauf im Flußbett des Kochers dokumentiert wurde. Dieser ca. 1,30 m dicke Mauerzug biegt kurz vor der Ecke der Haalmauer nach Norden ab und verschwindet unter dem heutigen Mauerverlauf. Vor diesem Mauerfundament wurde eine Holzkonstruktion aus Schwellhölzern festgestellt, die als Rahmenkonstruktion miteinander verzapft sind. Eine dendrochronolgische Untersuchung erbrachte kein Ergebnis. Schaetz/Weihs zufolge wäre der heutige, neuere Mauerzug hinter der alten Mauer errichtet und diese abgebrochen worden, um auf diese Weise eine Fläche zur Lagerung von Holz für die Saline zu gewinnen. Die Holzkonstruktion diente dem Schutz dieser Lagerfläche gegen Beschädigungen durch den Fluß und durch das Herausziehen und Lagern des Floßholzes. Erschlossen wurde der Bereich vor der Südmauer vom Haal aus durch ein heute zugemauertes, aber noch erkennbares Portal. Das „Obere Thürle“ und die Lagerfläche davor sind auf älteren Stadtansichten wie der von Hans Schreyer (1643) erkennbar und auf dem Salinenplan von 1804,  dem Stadtplan von 1816 sowie dem Primärkataster 1827 (das Törle hier nicht erkennbar) eingezeichnet. Die Vermauerung des „Oberen Thürles“ erfolgte vermutlich im Zusammenhang mit der Auffüllung des Haalplatzes 1842/1843.

Im Bereich der Ecke von der Süd- zur Westmauer wird der von Eduard Krüger so bezeichnete „Haaleck-Turm“ vermutet. Ein Turm oder turmähnliches Gebäude ist auf den Stadtansichten des 17. Jahrhunderts (Zeichnungen aus den Chroniken um 1600, Merian 1643, Schreyer 1643) erkennbar. Die genaueste Ansicht von Schreyer zeigt ein auf die Mauer aufgesetztes Fachwerk-Türmchen, unter dem das „Öshaus“, der Abort der Salzsieder, auf einem trapezförmigen, vor der eigentlichen Stadtmauer gelegenen Mauerstück aufsitzt. Auf späteren Ansichten und Plänen fehlt dieses Mauerstück Krüger vermutet in diesem Mauertrapez das Fundament eines älteren Turms oder eine „Ausstülpung“ der Stadtmauer. Spuren dieses Mauerstücks haben sowohl Eduard Krüger 1947 und Weihs/Schaetz 1999 im Flußbett des Kochers dokumentiert. Ein knapp westlich der Mauerecke sichbarer, abgeschrägter Abschnitt mit Quadermauerwerk wird von Krüger als „Mauerpfeiler“, von Schaetz/Weihs als möglicher Rest des Haaleckturms interpretiert. Die Quadersteine sind mit römischen Zahlen nummeriert, die Datierung ist offenbar unklar. Dieser Mauerabschnitt könnte z.B. im Zusammenhang mit dem Bau einer „Wasserkunst“ ab 1754 stehen, bei der ein Wasserrad auf dem Unterwöhrd über ein mit einem Steg über den Kocher geleiteten Gestänge ein Pumpwerk am Haalbrunnen betrieb. Denkbar ist z.B. auch, dass sich Hinweise in den Stadtrechnungen auf eine Reparatur der Haalmauer beim Öshäuslein 1660/1661 auf diesen Abschnitt beziehen. Auffällig ist im Abschnitt direkt westlich des Sulferstegs ein 11 m breiter Sandsteinbogen mit nur etwa 1 m Stichhöhe. Er hatte - so die übereinstimmende Interpretation von Krüger und Schaetz/Weihs - die Funktion eines Lastbogens, d.h. er überbrückte schlechten Baugrund. Der sich östlich anschließende Sockelbereich des Sulferstegs entstand wie der Steg selbst im Zusammenhang mit der Anlage einer weiteren „Wasserkunst“ in der Saline 1779/1780.

Ausweislich der Untersuchungen von Schaetz/Weihs und einer neueren "bauhistorischen Kurzuntersuchung" von Michael Weihs von 2018 zeichnet sich bei der Haalmauer, wie sie heute erhalten ist, eine "Hauptbauphase" im 15./16. Jahrhundert ab. Die Existenz älterer Vorgängermauern kann vermutet, aber im einsehbaren Bestand nicht belegt werden. Die Datierung ist jedoch schwierig, da "eindeutige Hinweise zur Zeitstellung fehlen" (M. Weihs). Diese älteste Bauphase ist durch die Verwendung von Kalkstein in sehr unterschiedlich großen Bruch- und Hausteinformaten mit einzelnen, wohl sekundär verwendeten (d.h. aus Abbruchmaterial stammenden) Buckelquadern gekennzeichnet. Dieses Mauerwerk weist starke Verwitterungspuren auf. Ein etwas jüngeres Mauerwerksstück mit ähnlichem Material, aber deutlich geringeren Verwitterungsspuren, zeichnet sich in der Mitte der westlichen Haalmauer ab. Es wird von Michael Weihs auf das 16./17. Jahrhundert datiert. Unmittelbar südlich schließt sich ein durch größere (oberer Bereic) und kleinere (unterer Bereich) Quader gekennzeichneter Abschnitt an, den M. Weihs auf das 17./18. Jahrhundert datiert. Kleinere Reparaturen und Ergänzungen entstammen dem 18.-20. Jahrhundert.

Auf Reparaturen verweisen nicht nur die leicht erkennbaren, unterschiedlichen Mauerwerksarten, sondern auch archivalische Belege. So ist in der Stadtrechnung 1651/52 eine Reparatur der Haalmauer bis zum Brückentor erwähnt. Brandspuren des Großen Stadtbrands von 1728 finden sich außen an der Mauer nicht.

Auch das Kocherufer vor der westlichen Haalmauer diente der Anlandung und Lagerung von Floßholz. Drei „Türle“ in der Mauer erschlossen diesen Bereich. Alle drei wurden zugemauert, als man 1842/43 den Haalplatz um etwa 2 m auf das heutige Niveau auffüllte. Der vermauerte Bogen des „Unteren Türles“ ist unter der Haalhalle erkennbar, das „Edelmannstürle“ dient als Eingang in einen 1947 neu angelegten Gewölbekeller unter dem Haalplatz, der für die Lagerung von Häuten diente. Keine sichtbaren Spuren im Mauerwerk hat das „Mittlere Türle“ hinterlassen. Möglicherweise wurden diese beim Einbau der Treppe vom Haalplatz zum Kocherufer beseitigt.
  
Die Haalmauer ist heute noch etwa 4 m hoch. Aufgrund eines bis zum Niveau des Wehrgangs erhaltenen, kleinen Abschnitts der Haalmauer zwischen Haalamt und Sulferturm schätzt Eduard Krüger die ursprüngliche Höhe der Mauer auf etwa 8 m, sie hatte einen Wehrgang und Schießscharten. Eine Überdachung des Wehrgangs ist auf der genauesten Darstellung der Haalmauer auf der Stadtansicht von Hans Schreyer (1643) offensichtlich nicht vorhanden, ist dann aber auf einer undatierten Ansicht des Haals aus dem 18. Jahrhundert (in HA A 329) ebenso eindeutig erkennbar.

Im Gegensatz zum überwiegenden Teil der Schwäbisch Haller Stadtmauer wurde die Haalmauer nach dem Ende der Reichsstadtzeit 1802 nicht komplett beseitigt, sondern bis auf eine Höhe von etwa 4 m abgebrochen, die Mauerkrone belegte man mit Steinplatten. Ein Hinweis auf das genaue Datum dieser Abbrucharbeiten fehlt noch, doch die auf eine Vorlage von 1831 zurückgehende Ansicht des Haals von Peter Koch zeigt die Mauer in ihrer heutigen Höhe. Die Arbeiten müssen also 1831 abgeschlossen gewesen sein. Genauere Hinweise lassen sich vermutlich in den Stadtrechnungen und Ratsprotokollen finden. Nachdem ein entsprechendes Projekt im Zusammenhang mit der Auffüllung des Haalplatzes 1842/43 aus Kostengründen verworfen wurde, erfolgte die Anlage einer gepflasterten Uferböschung an der Westseite der Haalmauer 1884 (Krüger, S. 25). Neueren Datums ist auch die vom Haalplatz durch die Westmauer zum Kocherufer führende Treppe.

Text: Daniel Stihler nach Krüger und Schaetz/Weihs 2000 und Weihs 2018

Quellen

Literatur:

  •  Eduard Krüger: Die Stadtbefestigung von Schwäbisch Hall, Schwäbisch Hall 1966, S. 23-28, 76-78

Archivalien:

  • StadtA Schwäb. Hall 4/a 114 (Steuerrechnung 1651/52: Reparatur Haalmauer bis zum Brückentor)
  • StadtA Schwäb. Hall 4/a 123 (Steuerrechnung 1660/61: Reparatur der Haalmauer beim Ößhäuslein)
  • StadtA Schwäb. Hall S26/149 (Bauarchäologische Dokumentation Haalmauer, März 2000, von Michael Weihs und Christian Schaetz)
  • StadtA Schwäb. Hall S26/150 (Bauarchäologische Mauerwerksdokumentation Haalmauer, März 2000, von Michael Weihs und Christian Schaetz)
  • StadtA Schwäb. Hall S26/410 (Bauhistorische Kurzuntersuchung der Haalmauer, April 2018,  von Michael Weihs)