Gebäudeverzeichnis

Comburg 12 - Stiftskirche St. Nikolaus

Adresse: Comburg 12
Primärkatasternummer: Lit. X (28, 212)
Besitzer: 1827
Kameralamt Hall


Besitzerliste

1830 (Primärkataster): das Kameralamt Hall für den Staat

Befunde aus Bauforschung

Baugeschichte der Stiftskirche St. Nikolaus

(Anm.: es handelt sich hier nur um einen knappen Überblick, genauere Informationen sind der umfangreichen Literatur zu entnehmen)

Die Weihe der Klosterkirche für das um 1078 gestiftete Benediktinerkloster Comburg fand 1088 statt. Ihr Aussehen lässt sich durch Funde der Archäologie und der Bauforschung recht genau nachvollziehen. Es handelte sich um eine ca. 65 m lange, doppelchörige, dreischiffige Säulenbasilika mit einem westlichem Querhaus.  Der erhöhte Westchor bezog vermutlich den Westturm ein. Hier befand sich der dem Hl. Nikolaus geweihte Hauptaltar. Unter dem Chor verlief durch einen Gang der Ostflügel des Kreuzgangs, von dem aus eine im Untergeschoss des Turms befindliche Brunnenstube erreicht werden konnte. Der Westturm stammt bis zum 4. Geschoss aus der ursprünglichen Bauzeit bis etwa 1100, das oberste Stockwerk und der steinerne Turmhelm sind eine spätere Ergänzung vom Anfang des 13. Jahrhunderts. Der Ostchor mit einem Marienaltar hatte ursprünglich einen geraden Abschluss; darunter befand sich eine Viersäulenkrypta, die beim barocken Neubau verfüllt wurde und dadurch erhalten blieb. Im Schutt haben sich Reste einer künstlerisch hochwertigen, bemalten Chorschrankenverkleidung aus Stuck aus der Zeit um 1130-1140 erhalten (heute im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart). Ob es einen einzelnen östlichen Chorturm oder zwei kleinere Chorflankentürme als direkte Vorläufer der heutigen Osttürme gab, kann nicht entschieden werden. In einer zweiten Ausbauphase, die in die Zeit zwischen dem Anfang des 13. Jahrhundert bis spätestens den 1240er Jahren fällt, erhielt die Kirche eine halbrunde Apsis als östlichen Abschluss des Chores und die beiden Osttürme, deren untere Stockwerke in den Kirchenraum einbezogen waren und nach Osten durch halbrunde Apsiden erweitert waren. Abgesehen von kleineren Änderungen (wie der 1658 erfolgten Verlegung des Hauptchores in den Osten) behielt die Kirche ihr Aussehen bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts.

Der barocke Neubau der „alten ruinosen Stiffts Kirchen“  in der Amtszeit des Dekans Wilhelm Ulrich von Guttenberg (amtierend 1695-1736) wurde 1706/07-1715 durch den aus Vorarlberg stammenden Würzburger Hofbaumeister Joseph Greissing (1664-1721) durchgeführt. Der Dekan ermöglichte das kostspielige Projekt durch die Stiftung von insgesamt etwa 43.000 Gulden aus seinem Privatvermögen. Die Erhaltung der romanischen Türme war von Anfang an geplant, ihre einem Aufriss von 1707 zufolge geplante Aufstockung ist unterblieben. Der barocke Neubau ist eine dreischiffige Hallenkirche mit halbrunder Apsis, schmalem Querhaus und einer Innenlänge von 65 m, 17,6 m Breite im Langhaus und einer Scheitelhöhe von 15 m. Die Gewölbe ruhen auf Freipfeilern in Kreuzform. Der Entwurf der Kirche und die von Anfang an geplante Einbeziehung der romanischen Türme deutet auf die Wertschätzung für deren Architektur. Dahinter vermutet man den Wunsch, die lange Tradition des Stifts und ehemaligen Klosters zu betonen. Aus dem Vorgängerbau wurden auch besonders bedeutende Teile der Ausstattung übernommen, insbesondere das Antependium (Altarvorsatz) aus dem 12. Jahrhundert, ein Meisterwerk der süddeutschen Goldschmiedekunst, sowie der durch Abt Hartwig (amtierend ca. 1104-1139) gestiftete romanische Radleuchter, der das himmlische Jerusalem symbolisiert. Von den vier erhaltenen Radleuchtern des 11./12. Jahrhunderts ist der Comburger der am besten erhaltene, verfügt noch über seine ursprüngliche, figürliche Ausstattung und befindet sich noch heute an seinem Bestimmungsort. Weitere Übernahmen aus der Vorgängerkirche sind das Stiftergrab (um 1180), das Epitaph für den Dekan und Propst Erasmus Neustetter († 1594) und die 1697 durch den Würzburger Meister Johann Hoffmann gefertigte Orgel. Die neue Ausstattung der Stiftskirche fertigte der Würzburger Bildhauer Balthasar Esterbauer (1672-1728). Hier zu nennen ist u.a. der von Dekan Wilhelm Ulrich von Guttenberg gestiftete Hochaltar, das Chorgestühl, die Nebenaltäre (teils unter Verwendung älterer Altarteile), die Kanzel und das Orgelgehäuse. Zu den wenigen späteren Ergänzungen des Inventars gehören der Nepomuk- und der Annenaltar im Querhaus, bei denen es sich um Arbeiten des Bildhauers Thomas Gesele (um 1725-1787) von 1766/67 handelt. St. Nikolaus wurde bald nach dem Ende des Stifts vom Königreich Württemberg der katholischen Kirchengemeinde Steinbach zur Nutzung überlassen und wird bis heute für Gottesdienste verwendet. Der überaus wertvolle Kirchen- und Stiftsschatz, zu dem 42 Pfund schwerer, erst 1767 gestifteter Silberaltar aus Augsburg, eine 42 Pfund schwere, goldene Figur der Muttergottes sowie ein umfangreicher Bestand an Kultgegenständen und Gefäßen gehörte, ging komplett verloren. Er wurde (soweit es sich um Edelmetalle handelte) 1803 direkt in die Münzanstalt nach Ludwigsburg gebracht und zu Münzen verarbeitet. Ansonsten haben Kirche und Ausstattung die Zeitläufe relativ unbeschadet überstanden. Die letzten größeren Renovierungsarbeiten erstreckten sich von 1999 bis 2009 und kosteten rund 3,2 Mio. Euro.

Beschreibungen

1830 (Primärkataster): die Kirche mit 3/8 Morgen und 26,4 Ruthen

Comburg 1, 2, 4, 5, 6, 7, 7/1, 7/2, 8, 8/1, 9, 9/1, 10, 11, 12, 13, 15, 16, 17, Großcomburger Weg 8 (Flst.Nr. 2-112, 2-114, 2-116, 2-118, 2-123/1, 2-130, 2-134/1, 2-134/2, 2-168, 2-433, 2-433/1, 2-433/2, 2-433/3, 2-433/4, 2-433/5, 2-433/6, 2-433/7, 2-433/8, 2-433/9, 2-433/10, 2-433/11, 2-433/12, 2-433/13, 2-434, 2-434/1, 2-434/2, 2-434/3, 2-434/4, 2-434/5, 2-434/6, 2-434/7, 2-434/8, 2-434/9, 2-434/10, 2-434/11, 2-435, 2-435/1, 2-435/2, 2-435/3, 2-435/4, 2-436, 2-436/1, 2-436/2, 2-436/3, 2-436/4, 2-437, 2-437/2, 2-439, 2-439/1, 2-439/3, 2-439/4, 2-440, 2-440/1, 2-441-443) Sog. Große Comburg mit ehem. Fruchtkasten (Großcomburger Weg 8), bez. 1705 (Sachgesamtheit). § 28 (aus: Liste der Kulturdenkmale in Baden-

 

Kurzer Überblick zur Geschichte der Comburg

Graf Burkard von Comburg-Rothenburg stiftete um 1078 am Standort einer Burg ein Benediktinerkloster, in das er schließlich selbst als Mönch eintrat. Die ersten Mönche kamen wohl aus Brauweiler, mit der Wahl eines Hirsauer Mönchs um 1086/88 zum Abt schloß sich das Kloster aber bald der Hirsauer Reform an. Die Ausstattung mit Besitzungen und Rechten kam aus der Grafenfamilie sowie von Verwandten und weiteren Adelsfamilien der Region. Der Mainzer Ministeriale Wignand stiftete so große Besitzungen, dass man ihn als weiteren Klosterstifter ehrte. Die Klosterkirche wurde 1088 durch Bischof Adalbero von Würzburg geweiht. Die Schutzvogtei über Comburg kam nach dem Aussterben der Gründerfamilie mit dem Tod des Grafen Heinrich (um 1116) an den späteren König Konrad III. und damit an das staufische Königshaus. Bis Anfang des 12. Jahrhunderts dürfte der Bau der weiteren Klosterbauten abgeschlossen gewesen sein. Eine Blütezeit erlebte das Kloster unter dem dritten Abt Hartwig (erwähnt 1103-1139), aus dessen Zeit das Antependium und der große Radleuchter stammen. Auch die Kleincomburg, deren genaue Funktion allerdings unbekannt ist, entstammt dieser Zeit. Zum Neubau des Ostchores und der beiden Osttürme in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts gibt es keine schriftlichen Quellen. Die im späteren 13. Jahrhundert umfangreicheren Quellen deuten auf Stagnation und einen Niedergang, der 1320 in einen konkursartigen Zusammenbruch mündete. Es folgten langwierige Streitereien zwischen Abt und Konvent, die erst ab den 1360er Jahren abklangen. Der Klosterkonvent umfasste im Spätmittelalter kaum mehr als 10-15 Mönche, die meist dem Schwäbisch Haller Stadtadel und den Niederadelsfamilien der Umgebung entstammten.

Versuche, eine Reform und damit eine Rückkehr zu den strikten Ordensregeln der Benediktiner durchzusetzen, stießen bei den Mönchen auf wenig Gegenliebe. Im Zuge dieser Streitereien verlor die auf eine Reformierung drängende Reichsstadt Schwäbisch Hall das seit 1348 ausgeübte Vogteirecht über das Kloster, das der Würzburger Bischof Rudolf II. von Scherenberg (amtierend 1466-1495) an sich zog und an die Schenken von Limpurg verlieh. Den Schlusspunkt der Streitereien bildete die 1488 durch Papst Innozenz VIII. genehmigte Umwandlung der Comburg in ein adeliges Chorherrenstift. Unter der neuen Verfassung stand an der Spitze des Kapitels ein aus dem Würzburger Domkapitel gewählter Propst. Dieser führte wohl ab etwa 1520 nur noch den Titel und bezog die damit verbundenen Einkünfte, residierte aber meist in Würzburg. Die tatsächliche Leitung des Stifts oblag dem Dekan (auch: Dechant), der aus dem Adel stammen und Priester sein musste. Dem Stift gehörten anfangs zehn, später acht Chorherren an. Vorraussetzung für die Aufnahme in das Stift waren adelige Herkunft, körperliche Unversehrtheit, Ehelosigkeit und die Zugehörigkeit zum geistlichen Stand, nicht aber eine Priesterweihe. Privatbesitz war gestattet und konnte vererbt werden. Die Chorherren hielten sich nur selten auf der Comburg auf; sie waren meist noch mit weiteren Pfründen ausgestattet und zogen es in der Regel vor, in Würzburg zu leben. Für Aufenthalte auf der Comburg standen die sogenannten „Kurien“ (Wohnungen) bereit. Die mit dem Stift verbundenen geistlichen Aufgaben wie die Abhaltung von Gottesdiensten und Jahrtagsfeiern für Verstorbene übernahmen die zwölf Chorvikare bürgerlicher Herkunft mit Priesterweihe, die auf der Comburg wohnten. Als Stift war die Comburg ein Außenposten des Hochstifts Würzburg in der Haller Region und spielte kaum eine selbstständige Rolle. Die Chorherren kamen meist aus mainfränkischen oder rheinischen, katholischen Adelsfamilien und hielten sich vielfach am fürstbischöflichen Hof auf. Auch die auf der Comburg arbeitenden Baumeister und Künstler stammten oft aus Würzburg.

Nach weiteren Güterverkäufen bis in die 1520er Jahre gelang eine wirtschaftliche Konsolidierung des Stifts, das neben dem „Residenzort“ Steinbach und Rechten in den Dörfern Tüngental und Hessental drei Besitzschwerpunkte im nahe gelegenen Fischach- und Rottal, um Großallmerspann, Mistlau und Gaggstatt sowie um Gebsattel behaupten konnte. Die vielfach mit anderen Herrschaften wie der Reichsstadt Schwäbisch Hall geteilten Rechte führten zu zahlreichen Konflikten und Rechtsstreitigkeiten. Eine Blütezeit erlebte das Stift in der Zeit Erasmus Neustetters (1523-1594) , der ab 1551 als Dekan und ab 1583 auch als Propst amtierte. Neustetter, ein humanistisch gebildeter Gelehrter, der gegenüber der einsetzenden Gegenreformation eine skeptische Haltung einnahm, baute auf der Comburg eine bedeutende Gelehrtenbibliothek auf und betrieb eine umfassende bauliche Neugestaltung des Stifts, das mit einer neuen Ringmauer umgeben und um Neubauten im Renaissancestil wie den Gebsattel- und den Wamboldbau ergänzt wurde.

In den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts begann Comburg, soweit es in seiner Macht stand, mit der Rekatholisierung seiner Besitzungen. Das Stift und seine Untertanen litten schwer unter dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), auch wenn die Schenkung Comburgs durch König Gustav II. Adolf  von Schweden an einen Obersten seiner Armee nur eine Episode blieb. In den Kontext der Gegenreformation gehört die 1682 durch Dekan Johann Heinrich von Ostein veranlasste Ansiedlung von Kapuzinermönchen auf der Kleincomburg, die dort ein Hospiz einrichteten. 1713 erfolgte die Erhebung  zum Kapuzinerkloster. Letzte große bauliche Veränderungen des Stifts fallen in die Amtszeit des Dekans Wilhelm Ulrich von Guttenberg (1695-1736). Er veranlasste den barocken Neubau der Stiftskirche (1706/07-1715) und investierte hierbei große Summen aus seinem Privatvermögen. Auch die Stiftung des Steinbacher Konvertitenspitals, der Neubau der Wallfahrtskirche auf dem Einkorn sowie des großen Fruchtkastens („Samenbau“, heute Grundschule) fallen in seine Amtszeit. Die 1732 begonnene Bau der schlossartigen Neuen Dekanei wurde nach seinem Tod eingestellt und blieb unvollendet.

Als Kompensation für den Verlust rechtsrhreinischer Gebiete besetzte das bald danach zum Königreich erhoben Kurfürstentum Württemberg 1802 die Comburg und hob das Ritterstift auf. Nach wechselnden Nutzungen – zwischen 1807 und 1809/10 auch als Residenz des Prinzen Paul von Württemberg (1785-1852) – verlegte der württembergische Staat 1817 das 1806 gegründete Königlich Württembergische Ehren-Invalidenkorps auf die Comburg. Die Einheit bot Versorgungsstellen für verdiente Angehörige der württembergischen Armee, die aufgrund von Erkrankungen oder Verwundungen nicht mehr dienstfähig waren. Einzelne für überflüssig erachtete Bauten der Comburg wurden im 19. Jahrhundert abgerissen; insbesondere der 1830 erfolgte Abbruch des westlichen Klausurflügels ist ein schmerzlicher Verlust. Trotzdem dürfte die Nutzung als Garnison eine wesentliche Rolle bei der weitgehenden Erhaltung der historischen Bauten der Comburg gespielt haben. Da die Anzahl der Angehörigen des (1909 formell aufgehobenen) Invalidenkorps zurückging, siedelten sich bereits in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts weitere Behörden und Einrichtungen auf der Comburg an, so 1879 das Landwehrbezirkskommando, die aus der Garnisonsschule hervorgegangene evangelische Volksschule (ab 1858) oder die katholische Kaplanei für Steinbach. Aufgrund der Wohnungsnot richtete man nach dem Ersten Weltkrieg in einigen Bauten der Comburg Mietwohnungen ein.

Ein neues Kapitel begann 1926 mit der Gründung der Heinvolkshochschule Comburg. Es handelte sich um die erste Einrichtung dieser Art und die einzige, die sich speziell auf die Arbeiterbildung konzentrierte. Die Kurse dienten der beruflichen Weiterbildung vermittelten aber auch allgemeine Bildung und orientierten sich an der Reformpädagogik der 1920er Jahre. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 wurde die Heimvolkshochschule zunächst von NS-Funktionären übernommen, aber 1936 aufgelöst. Als Nachfolger kann die 1937 durch die Stadt eingerichtete „Bauhandwerkerschule“ gelten. Die Comburg fand nach 1933 zunehmend Verwendung als Ort von Veranstaltungen und Schulungen der NSDAP und ihrer Unterorganisationen, etwa des NS-Lehrerbunds oder der NS-Frauenschaft. Die „Hitlerjugend“ richtete hier zwei Lager ein. Ein Lager des Arbeitsdiensts wurde 1936 in den „Samenbau“ verlegt (heute Grundschule). Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 nahmen militärische Dienststellen zunehmend Raum ein. Bereits 1939 begann die Unterbringung von  Kriegsgefangenen; 1941 hielt man rund 400 Franzosen fest, dazu noch zivile, meist aus Osteuropa stammende Zwangsarbeiter. Nach dem Ende des Kriegs richtete die US-Militärverwaltung für einige Monate ein Lager für befreite Zwangsarbeiter („DPs“) ein. Nach der Rückgabe begann 1946 die Nutzung der Comburg für Tagungen. Diese Aktivitäten mündeten 1947 in die durch den württembergischen Kultminister Theodor Bäuerle (1882-1956) initiierte Gründung der auf die Ausbildung und Fortbildung von Lehrern ausgerichteten Staatlichen Akademie Comburg. Seitdem wird das ehemalige Stift schwerpunktmäßig von dieser Einrichtung genutzt, die mittlerweile als Außenstelle des „Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung“ (ZSL) firmiert.

 

Zur Baugeschichte der Comburg

Die Burg der Grafen von Comburg-Rothenburg als Vorläufer des Klosters hat kaum identifizierbare Spuren hinterlassen. Verschiedene Befunde deuten darauf, dass es zwei Burgbereiche gab, die durch einem im Bereich des Querschiffs der Barockkirche verlaufenden Halsgraben voneinander getrennt waren. Das östliche Burgareal umfasste in etwa das heutige Plateau der Stiftskirche, das westliche  im wesentlichen den Bereich der mittelalterlichen Klosterklausur mit dem Westchor der Kirche. Der bedeutendste Überrest der Burg ist das Mauerwerk eines turmartigen Steinbaus, dem zwei Flächen in der Nordostwand der „Alten Abtei“ zugeordnet werden können.

Die 1088 geweihte Kirche des um 1078 gegründeten Klosters ist beim barocken Neubau 1706-1715 weitgehend abgebrochen worden. Es handelte sich um eine dreischiffige Zweichoranlage mit einem erhöhten Westchor. Die erhaltenen Türme verweisen auf zwei Bauphasen in der Gründungszeit des Klosters und um 1200 (s. auch Baugeschichte der Stiftskirche).

Zeitgleich oder unmittelbar anschließend an den Bau der Kirche dürfte der Bau der westlich anschließenden und auf die Kirche ausgerichteten Klausurbauten begonnen haben. Sie gruppierten sich um den Kreuzgang, der auf seiner Ostseite den erhöhten Chor der Kirche in einem tunnelartigen Durchgang unterquerte. Von hier aus konnte eine Brunnenstube im Untergeschoss des Westturms betreten werden. Ein Balken im Erdgeschoss des den Südflügel der Klausur bildenden „Großen Vikarienbaus“ wurde dendrochronologisch auf 1090/91 datiert. Hier waren das Dormitorium, das Auditoriums sowie der Kapitelsaal untergebracht. Im etwa zeitgleich erbauten Westflügel befanden sich u.a. die Marienkappelle und das Refektorium, im Nordflügel („Adelmannbau“ und „Alte Abtei“) der Sitz des Abts und die erhaltene, zum Kreuzgang führende Klosterpforte. Der romanische Torbau an der Nordostecke des Klosterareals entstand bis Anfang des 12. Jahrhunderts. Etwas später – und vielleicht im Zusammenhang mit Bauarbeiten an der Klosterkirche – errichtete man um 1200 die Sechseckkapelle mit der darunter liegenden Treppe; um 1220 erhielt sie ihre Einwölbung. Größere bauliche Veränderungen sind im Klosterareal erst wieder im Spätmittelalter belegbar.

Anfang des 15. Jahrhunderts zeichnen sich unter Abt Ehrenfried I. von Vellberg (im Amt 1402-1421) erste Erweiterungen ab. Auf der Südseite des alten Klosterbezirks wurde eine neue Ringmauer mit mindestens zwei Türmen in der Flucht des Vikarienbaus nach Osten geführt; hier entstand auch die vom Kapitelsaal aus zugängliche Josefskapelle. Vor die Nord- bzw. Nordostseite baute man eine neue Wehrmauer mit mindestens zwei Türmen. In den 1490er Jahren ließ der letzte Abt und erste Propst Seifried vom Holtz (Propst 1488-1504) vor der Ostseite eine Mauer mit Türmen errichten und die Befestigungsanlagen des Tors ausbauen. In den so geschaffenen Zwingerbereich setzte man die (im Gebsattelbau aufgegangene) Propstei. Zur selben Zeit entstand wohl auch die südwestlich an die Alte Abtei angebaute „Kosthalterei“ (Comburg 7/2).

Mit großen baulichen Veränderungen einher ging die Amtszeit des Dekans Erasmus Neustetter (im Amt 1551-1594, ab 1583 auch Propst). In den 1560er und 1570er Jahren wurden die aus dem späten 15. Jahrhundert stammenden Befestigungen auf der Ostseite aufgestockt, verstärkt und um eine weitere, vorgesetzte Mauer ergänzt. Die Toranlage erhielt den heutigen, auf 1575 datierten, mittleren Torbau. Das gesamte Stiftsareal wurde mit einer neuen, mit Türmen versehene Ringmauer umgeben. Große Aufschüttungen und Planierungen im Bereich um die Stiftskirche vereinheitlichten das Bodenniveau. Gegenüber der Alten Abtei entstand der „Wamboldbau“ (inschriftlich datiert 1563). Als Sitz des Dekans ließ Neustetter die an den romanischen Torbau anstoßende „Alte Dekanei“ bauen (datiert 1573),  die im Ostzwinger gelegene Propstei wurde um das dreifache vergrößert und im wesentlichen neu gebaut. Der später so genannte, auf 1575 datierte „Gebsattelbau“ nahm Kurien (Wohnungen) der Stiftsherren auf. Auch die bestehende mittelalterliche Bausubstanz wurde an den Zeitgeschmack und an veränderte Nutzungen angepasst, z.B. durch den Einbau größerer Fenster, wie sie bis heute die Hofseite (Nordostseite) des im Kern mittelalterlichen Adelmannbaus prägen. Während seiner von 1568 bis 1575 dauernden Tätigkeit für Erasmus Neustetter schuf der aus Konstanz stammende Maler Michel Viol (1545- um 1600) zahlreiche, teilweise aber nur fragmentarisch erhaltene Freskomalereien, so in der Michaelskapelle im romanischen Torbau, in der Sechseckkapelle, in der Wintersakristei, im Kreuzgang und in der Alten Abtei.

Aus dem 17. Jahrhundert mit seinen vielen Kriegen sind – abgesehen von einer Verstärkung der Wehrmauern und des Turms im Westen – kaum größere bauliche Veränderungen der Comburg bekannt. Das heutige Aussehen des Stifts geht auf die der Amtszeit des Dekans Wilhelm Ulrich von Guttenberg (1695-1736) zurück. In seine Zeit fällt vor allem der 1706/07 bis 1715 durchgeführte barocke Neubau der Stiftskirche durch den Würzburger Hofbaumeister Joseph Greissing. Um 1720 entfernte man das äußerste Tor mit dem zugehörigen Wehrturm und erstellte ein barockes Gittertor. Der 1732 am Ende der Amtszeit Guttenbergs begonnene Neubau der Dekanei als zweiflügeliges Barockschloss wurde 1737 abgebrochen und nicht vollendet. Spätere Ergänzungen des Baubestands sind der Mitte des 18. Jahrhunderts südlich der Stiftskirche als Kurie errichtete Reischachbau und die 1772 als Registratur und Archiv gebaute „Kaplanei“ an der Südwestecke des inneren Stiftbereichs. Das Obervogteigebäude kam um 1780 außerhalb der Mauern an der Ostseite hinzu. Mit der Aufhebung des Stifts ging die Comburg 1802 in den Besitz des Kurfürstentums bzw. Königreichs Württemberg über. Ab 1817 diente das ehemalige Stift als Garnison des Kgl. Württembergischen Ehren-Invalidenkorps. In diese Zeit fallen umfangreiche Eingriffe in den Baubestand, um diesen an die neuen Nutzungen anzupassen, und Abbrüche von als entbehrlich angesehenen Bauten. Besonders schwerwiegend war 1829/30 der Abriss des Westflügels der Klausurbauten einschließlich des westlichen Kreuzgangarms sowie der möglicherweise noch aus dem 11. Jahrhundert stammenden Marienkapelle. Der umfangreiche Bedarf an Wohnräumen für die Invaliden dürfte aber insgesamt positive Auswirkungen auf die Erhaltung der Gesamtanlage gehabt haben. Die wechselnden Nutzungen des 20. Jahrhunderts, u.a. für Wohnzwecke, als Heimvolkshochschule, Bauhandwerkerschule, Hitlerjugendheim sowie als Standort der Wehrmacht, Kriegsgefangenenlager und Lager für „Displaced Persons“, ab 1948 als staatliche Akademie für Lehrerbildung, haben vielfältige Spuren hinterlassen und waren mit teilweise erheblichen Eingriffen in die historische Bausubstanz verbunden.

Erste archäologische Untersuchungen im Inneren der Stiftskirche gab es 1931 bis 1934. Ab 1941 bis in die 1960er Jahre führte der Schwäbisch Haller Architekt und Bauforscher Dr. Eduard Krüger Grabungen und Bauuntersuchungen in der Stiftskirche und im gesamten Areal der Comburg durch. Seine weit reichenden Vorschläge für Wiederherstellungen des mittelalterlichen Bauzustands wurden teilweise aufgegriffen, z.B. 1964 bei der auf Grundlage geringer Reste rekonstruierten romanischen Zwerggalerie der „Alten Abtei“.  Das Landesamt für Denkmalpflege ließ 1965 bis 1967 und 1968 bis 1971 erneut Ausgrabungen durchführen. Weitere Erkenntnisse zur Baugeschichte der Comburg ergaben sich aus den ab der Mitte der 1990er Jahre durchgeführten, umfangreichen Sanierungsarbeiten, in deren Verlauf u.a. auch dendrochronologische Datierungen möglich waren.

Quellen

Literatur:

Anm.: Seit dem 19. Jahrhundert sind zahlreiche Veröffentlichungen zur Comburg, ihrer Geschichte, Baugeschichte und Archäologie erschienen. Auf eine Aufzählung dieser Titel wurde hier verzichtet; sie können den Literaturverzeichnissen der unten genannten Publikationen entnommen werden.

  • Beiträge zur Geschichte der Komburg (Württembergisch Franken, Bd. 56), Schwäbisch Hall 1972
  • Klaus Gereon Beuckers (Hrsg.): Kloster Großcomburg. Neue Forschungen. Hrsg. von Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Regensburg 2019
  • Gabriele Kleiber: Groß- und Kleincomburg (Führer Staatliche Schlösser und Gärten), München; Berlin 1999
  • Michael Greiner, Dirk Vogt-Merz, Gabriele Kleiber, Hans-Reiner Soppa: Die Comburgen bei Schwäbisch Hall, Stuttgart 2010 [zu den Restaurierungsarbeiten]
  • Rainer Jooß: Kloster Komburg im Mittelalter. Studien zur Verfassungs-, Besitz- und Sozialgeschichte einer fränkischen Benediktinerabtei (Forschungen aus Württembergisch Franken; Bd. 4), Sigmaringen 1987 [2. überarb.  Aufl.] 
  • Elisabeth Schraut (Hrsg.): Die Comburg. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert (Kataloge des Hällisch-Fränkischen Museums; Bd. 3), Sigmaringen 1989