Gebäudeverzeichnis

Ödenbühlsteige 39 - ehem. Sägmühle am Waschbach und Papierspitzenfabrik Engel

Adresse: Ödenbühlsteige 39
Primärkatasternummer: -- (133, 247)
Besitzer: 1827
--


Besitzerliste

1865/66: Erbaut durch Friedrich Rau aus Hessental und dessen Schwager, den Bauunternehmer Friedrich Lautenschlager aus Hedelfingen in der Flur "Ödenbühl" am Waschbach an der Gemarkungsgrenze zu Hessental (siehe Kaufvertrag von 1867).

1867: Der Bauunternehmer Friedrich Lautenschlager aus Hedelfingen verkauft laut Privatvertrag vom 22. Mai 1867 die unabgeteilte Hälfte der Waschbachmühle sowie der zugehörigen Grundstücke für 4.500 Gulden an seinen Schwager Friedrich Rau von Hessental, Sägmühlenbesitzer in Steinbach. Steuern und Abgaben entrichtet der Käufer ab 1. Juli 1866, die Grundgefälle ab Martini 1867. Damit ist Rau alleiniger Besitzer der Mühle.

1869: Die Waschbachmühle mit Nebengebäuden und Grundstücken auf den Gemarkungen Steinbach und Hessental wird laut Protokoll der öffentlichen Versteigerung am 13. Oktober 1868 und oberamtsgerichtlichem Zuschlagsprotokoll vom 7. Januar 1869 aus der Gantmasse (= Konkursmasse) des Friedrich Rau von Hessental, Sägmüller in Steinbach, für 3.200 Gulden an Michael Stephan aus Dörrenzimmern Gde. Sulzdorf verkauft. Als Datum des Besitzübergangs und der Fälligkeit von Steuern und Abgaben wird rückwirkend der 1. Juli 1868 festgesetzt.

1871: Michael Stephan von Dörrenzimmern verkauft die Waschbachmühle mit Nebengebäuden, Grundstücken und allen Rechten und Verpflichtungen laut einem Privatvertrag vom 25. Oktober 1871 für 3.200 Gulden an Maria Magdalena Rau geb. Däuber, Ehefrau des Sägmüllers Friedrich Rau (Erbauer und früherer Besitzer der Mühle). Als Datum des Besitzübergangs wird rückwirkend der 1. Juli 1871 festgelegt.

1872: Maria Magdalena Rau geb. Däuber, Ehefrau des Säg- und Mahlmüllers Friedrich Rau, verkauft die Waschbachmühle mit Zustimmung ihres Ehemanns zufolge eines Privatvertrags vom 26. Oktober 1872 für 7.000 Gulden an Philipp Cronmüller, Schreinermeister in Hessental. Als Datum des Besitzübergangs wird der 1. Juli 1872 festgelegt. In den Verkauf eingeschlossen ist die umfangreiche Fahrnis, die im Vertrag aufgezählt wird.

1883: Laut "Privataufsaz" (Privatvertrag) vom 22. Jan. 1883 verkauft Philipp Cronmüller aus Hessental, Schreiner auf der Waschbachmühle, die Mühle mit Nebengebäuden und zugehörigen Grundstücken für 11.000 Mark an Carl Sauter, Mühlenbauer aus Waiblingen, wohnhaft in Schwäbisch Hall. Als Datum des Besitzübergangs wird der 1. April 1883 festgelegt.

1904: Nach dem Tod von Karl Sauter übernimmt der Sohn Wilhelm Sauter den Betrieb von der Mutter Friederike Sauter.

1910: Nach der Verlagerung der "Faßfabrik" in die Nähe des Hessentaler Bahnhofs verkauft Wilhelm Sauter die Waschbachmühle an Otto Engel, der dort eine Papierspitzenfabrikation einrichtet.


Einträge zu Besitzern und Bewohnern in den Adressbüchern der Stadt Schwäbisch Hall

1928: Stuttgarter Spitzenpapierfabrik Aug. Alber Nachf. Otto Engel, Tel. 543 Hall

1932: Otto Engel sen., Inhaber der Firma Stuttgarter Spitzenpapierfabrik; Otto Engel jun., Kaufmann [Anschrift: "Ödenbühlsteige 247"]

1938: Otto Engel sen., Fabrikant, Inhaber der Firma Stuttgarter Spitzenpapierfabrik; Otto Engel jun., Kaufmann

1956: Otto Engel [sen.], Fabrikant, Spitzenpapierfabrik; Otto Engel [jun.], Kaufmann

Befunde aus Bauakten

(Quelle, soweit nicht anders angegeben: Bauakten StadtA Schwäb. Hall 27/515)

1866: „Die Unternehmer Rau und Genossen“ haben gegenüber der kgl. Württembergischen Eisenbahn für sich und ihre Besitznachfolger „Verzicht geleistet auf jede Einsprache gegen irgendwelche iezige oder zukünftige bauliche Anlage u[nd] Veränderungen an der Eisenbahn u[nd] deren Zubehörden, so wie auf alle etwaigen Ersazansprüche, welche wegen durch jene Anlagen oder damit im Zusammenhang stehende Ereigniße , Rutschungen u[nd] Böschungen veranlaßten Schadens erhoben werden wollten...“ (86/259, Kaufbuch Steinbach,Bd. XII, S. 21f)

1893: Sägmühlenbesitzer Carl Sauter beantragt, sein oberschlächtiges Wasserrad von 10,85 m Durchmesser und 1,75 m Schaufelbreite zu entfernen und durch ein neu zu bauendes Turbinenhaus von 4,26 m Länge und 3,26 m Breite mit einer "Partial-Girard Turbine mit horiz[ontaler] Achse" ersetzen zu dürfen.

1899: Carl Sauter erweitert sein Wohnhaus Nr. 133 um einen 6,30 m langen und 3,85 m breiten Werkstättenanbau "von geriegeltem Fachwerk auf Steinsockel".  Ferner erhält das Wohnhaus auf der Südseite ein beheizbares "Zwerchbauzimmer".

1902: Carl Sauter erhält die Genehmigung zum Bau einer "Sägereianlage mit Locomobilantrieb", einem 14,10 m langen und 8,10 m breiten, teils Sägereigebäude in Fachwerkbauweise und einem 4,30 x 8,70 m großen separaten Anbau für die Dampfmaschine. Die Gebäude wurden direkt auf die Gemarkungsgrenze zwischen Steinbach und Hessental gebaut.

1904: Friederike Sauter, die Witwe des Carl Sauter, lässt sich die Erstellung eines als "Arbeitsraum" bezeichneten, 8,60 langen und 3,72 m breiten Anbaus an das Sägmühlengebäude genehmigen.

1905: Erweiterung des Anbaus am Wohngebäude der Mühle zu einem einstöckigen Werkstätten- und Magazinbau.

1939: Einbau einer Autogarage im Lagerhaus des Gebäudes Ödenbühlsteige 247 [= 39] durch Otto Engel, Fabrikant in Steinbach.

1940: Die Gemeindepolizeibehörde genehmigt unter Auflagen die Einrichtung eines Herstellungsraum "für vegetarische bzw. fleischlose Wurst" durch die Fa. Otto Engel.

1941: Nach einem angeblichen Schadensfall durch "Gassschwitzwasser" erhebt Otto Engel Schadensersatzansprüche gegen das städtische Gaswerk, die jedoch von der Stadtverwaltung abgelehnt werden. Ein Gutachten des Stadtbaumeisters Benz (1942) bestätigt eine mangelhafte Installation von Gasöfen im Haus.

1984: Erteilung der Baugenehmigung für die Herstellung eines direkten Dolenanschlusses zur Einleitung der häuslichen Abwässer (erstmals 1980 erteilt, aber offenbar nicht umgesetzt).

2017: Erteilung der Abbruchgenehmigung an die Fa. Laukenmann Wohnbau.

Beschreibungen

Nachtrag zum Primärkataster (ca. 1866/67): Sägmühle im Oedenbühl

1883 (Verkauf an C. Sauter): "Markung Steinbach. 1 a 25 qm Ein Wohnhaus und Sägmühle, 1 a 62 qm Anbau, 41 qm Radstube, 20 a 19 qm Hofraum im Oedenbühl".

Besonderheiten

Ursprung der Faßfabrik K. Kurz KG in Hessental

Der Anfang der Faßfabrik K. Kurz KG Hessental, zeitweilig der bedeutendste industrielle Arbeitgeber in Schwäbisch Hall, geht auf die Sägmühle am Waschbach zurück. Der Sägmüller Karl Sauter begann 1895 mit der Fabrikation von Faßdauben. Nach seinem Tod 1904 übernahm der Sohn Wilhelm Sauter den 4-Mann-Betrieb, erweiterte ihn u.a. um eine Dampfmaschine und verlegte ihn 1909 an den heutigen Standort beim Hessentaler Bahnhof. Sauter verkaufte die Sägmühle 1910 an Otto Engel, der dort eine Papierspitzenfabrikation einrichtete. 1926 verkaufte Wilhelm Sauter krankheitsbedingt die auch die Faßfabrik an den aus Tullau stammenden Ingenieur Karl Kurz, unter dessen Leitung sie sich zu einem Großbetrieb mit zeitweilig 1.200 Beschäftigten entwickelte.

Quellen

Archivalien:     

 

  • Landratsamt Schwäbisch Hall, Vermessungsamt, Primärkataster für Steinbach (Kopie im Stadtarchiv Schwäbisch Hall, Signatur S01/1559)
  • StadtA Schwäb. Hall 27/515.
  • StadtA Schwäb. Hall 86/259 (Kaufbuch Steinbach Bd. XII), S. 18ff (Verkauf der halben Mühle an F. Rau, 1867); S. 125ff (Verkauf an M. Stephan, 1869); S. 356 (Verkauf an M M. Rau, 1871);  S. 488ff (Verkauf an Ph. Cronmüller, 1872)
  • StadtA Schwäb. Hall 86/261 (Kaufbuch Steinbach Bd. XIV),S. 123ff (Verkauf an C. Sauter, 1883)

Literatur:

  • Adressbücher Schwäbisch Hall 1928-1956
  • Emma Sauter: Die Anfänge der Faßfabrik Hessental, in: Der Haalquell. Blätter für Heimatkunde des Haller Landes 15 (1963), S. 13-14