Haller Häuserlexikon – Besitzerliste 1827

Gelbinger Gasse 64 - heute nicht überbaut

Adresse: Gelbinger Gasse 64
Primärkatasternummer: 318
Besitzer: 1827
Hindelmaier, Heinrich Mathias, Küfer


Besitzerliste

1662: Susanne Endreß, Hausfrau des Johann Endreß, Goldarbeiter, verkauft ihr Haus in der Gelbinger Gasse zwischen  Spitalmüller Caspar Murr und Johann Friedrich Wüst (gültet dem Heilligen zu St. Michael 10 ß) am 9. Dezember 1662 für 288 Gulden  an den Küfer Johann Georg Sieber (4/656, Bl. 195v).  Die Zuordnung dieses Verkaufs zum heutigen Haus Gelbinger Gasse 64 ist allerdings noch nicht gesichert. 

1688: Nach dem Tod des Küblers Johann Georg Sieber (oder: Siber) (*1619) am 24. November 1688 fällt das Eigentum am Haus offenbar an seine Witwe Anna Kunigunda geb. Deutelin (*um 1630?) (S27). Johann Georg Sieber (*11.7.1619)  war ein Sohn des Küblers Johann Sieber und der Eva geb. Kehl. Er erlernte das väterliche Handwerk und hat nach dem Tod des Vaters der Mutter "an die 20 Jahr die Narung helffen erwerben." 1654 heiratete er Anna Kunigunda Deutelin, eine Tochter des Metzgers Bernhard Deutelin. Das Ehepaar hatte 10 Kinder, von denen zwei Söhne und vier Töchter das Erwachsenenalter erreichten. Johann Georg Sieber starb am 24. November 1688 an "großer Hitz u[nd] hefftigem Gliederwehe" (vielleicht einer mit Fieber verbundenen Infektionskrankheit) (2/72, S. 476f.). 

1690: Nach dem Tod der am 23. Oktober 1690 an "Engbrüstigkeit" (Atembeschwerden) verstorbenen Anna Kunigunda Sieber, der Witwe des Johann Georg Sieber (2/72, S. 558), fällt der Besitz am Haus in der Gelbinger Gasse zwischen Jörg Loth Sieber und Prokurator Seybold an ihre sechs sie überlebenden Kinder (S27). Die Verstorbene hat "vor ihrem Todt befohlen", das auf 360 Gulden veranschlagte Haus der Tochter Maria Catharina für diesen Preis zu überlassen, dagegen räumt diese ihren Geschwistern ein Vorkaufsrecht für das zugehörige Krautgärtlein ein, das hinten am Wettbach, zwischen Hans Michel Wolf, Stadtgärtner, und einem Weckriedener Weinberg gelegen ist (14/1434).  

1694: Die Erben der Kunigunda Sieber geb. Deutelin verkaufen das von ihren Eltern ererbete Haus am 20. November 1694 für 360 Gulden an ihren Schwager, den Taglöhner Johann Michael Koppenhöfer, Ehemann der Maria Katharina geb. Sieber. Der Kauf war bereits vier Jahre früher in der Inventur der Mutter abgeschlossen, aber nicht amtlich bestätigt worden (4/668, Bl.96v)

1703: Nach dem Tod ihres ersten Ehemannes (um 1702) heiratet Maria Katharina Koppenhöfer geb. Sieber am 15. Mai 1703 den Taglöhner Johann Georg Feuchter, das Eigentum des Hauses verbleibt jedoch ausschließlich bei ihr (S27).

1737: Nach dem Tod der Maria Katharina Sieber am 16. November 1737 fällt das Haus als Erbe an ihre Kinder aus erster Ehe, den Lebküchner und Modelstecher Johann Michael Koppenhöfer (1695-1749), und die Tochter Margaretha Apollonia Koppenhöfer (1698-1703) (S27; 4/1544, Bl. 584ff). . 

1740:Johann Michael Koppenhöfer, Bürger und Lebküchner, und seine ledige Schwester Maria Appollonia Koppenhöfer verkaufen unter Zuziehung ihres Beistands JohannFriedrich Schloßstein Haus "sambt dem untern Stock auch Anbäulin und Gärttlein oder Höflein" am 23. August 1740 für 500 Gulden an den Häfner Johann Friedrich Neu. Das Gärtlein verkauft dieser am selben Tag für 12 Gulden an Prokurator Jägers Witwe weiter. Zusätzlich zum Kaufpreis sind 7 Gulden 30 Kreuzer "Tranckgeld" zu bezahlen. Der Käufer hat sofort 50 Gulden zu bezahlen, weitere 200 Gulden innerhalb des nächsten Vierteljahrs. Den Rest soll er in Raten zu 15 Gulden jährlich auf Bartholomäi abzahlen. Die Käufer behalten sich das lebenslängliche Eigentum an einem Teil des hinteren Hauses vor; der Käufer erhält hierfür ein Vorkaufsrecht (4/1544, Bl. 584ff; 4/681 Bl. 19r). 

1775: Johann Friedrich Neu verkauft das Haupthaus ohne das Hinterhaus am 26. Januar 1775 für 550 Gulden an den Häfner Andreas Friedrich Groß, den Ehemann seiner Tochter Susanna Cordula (1744-1789). Vom Kaufpreis gehen 220 Gulden als Heiratsgut ab  (4/1544, Bl. 584ff). 

1775: Johann Friedrich Neu verkauft das Hinterhaus in einem separaten Vertrag, ebenfalls am 26. Januar 1775, für 300 Gulden an seine Tochter Susanna Maria Neu (1742-1777). Hierbei werden 100 Gulden als Heiratsgut vom Kaufpreis abgezogen  (4/1544, Bl. 584ff). 

1777: Susanna Maria Engel geb. Neu, Ehefrau des Schneidermeisters Johann Friedrich Leonhard Engel, verkauft das Hinterhaus am 6. August 1777 für 200 Gulden an ihren Schwager Andreas Friedrich Groß, der damit alleiniger Besitzer von Haus und Hinterhaus ist  (4/1544, Bl. 584ff). 

1824: Der Besitz geht auf Johann Friedrich Groß, Salzsieder, und Christioph Ludwig Wenger, Kübler, über  (19/829, S. 52, 54). 

1828: Der kgl. Siedemeister Johann Christoph Groß und der Küblermeister Christoph Ludwig Wenger verkaufen das Haus am 16. Januar 1828 für 950 Gulden und 2 Carolins Trankgeld an den Küfermeister Heinrich Matthias Hindelmaier (19/1011, Bl. 2v). 

1880/81: Die Witwe des Heinrich Mathias Hindelmaier vererbt das Haus an die Tochter Lisette, die es in die Ehe mit dem Küfer und Eichmeister Johann Albrecht Häfner einbringt  (19/829, S. 52, 54). 

1889: Lisette Häfner geb. Hindelmaier, Witwe des Johann Albrecht Häfner, verkauft das Haus am 27. Juni 1889 mit Zustimmung ihrer beiden Kinder für 8.000 Mark an ihren Schwiegersohn, den Küfer Christoph Scholl (Ehemann der Tochter Rosina, seit 1878). Die Verkäuferin behält sich auf Lebenszeit ein Wohnrecht in dem der Blendstatt zu gelegenen Zimmer im mittleren Stock vor (19/1053, S. 183). 

In den Adressbüchern genannte Besitzer und Bewohner

1886: als Besitzer genannt: Joh. Häfner, Wirt und Eichmeister
Mieter/Mitbewohner: Christian Schneider, Fabrikarbeiter; Christof Scholl, Küfer 

1890: als Besitzer genannt: Christof Scholl, Küfer und Eichmeister
Mieter/Mitbewohner: Lisette Häfner, Eichmeisters Witwe; Georg Simmoth, Bildhauer; Julie Unkauf, Schneiders Witwe

1894: als Besitzer genannt: Christof Scholl, Küfer und Eichmeister
Mieter/Mitbewohner: Lisette Häfner, Eichmeisters Witwe; Friederike Jäger, Wirtswitwe; Gottlieb Schreyer, Schlosser

1901: als Besitzer genannt: Christof Scholl, Wirt, Küfer und Eichmeister
Mieter/Mitbewohner: Friedrich Wieland, Schuhmachermeister; Rosine Gall, Witwe und Wäscherin

1906: als Besitzer genannt: Christof Scholl, Wirt, Küfer und Eichmeister
Mieter/Mitbewohner: keine 

1910: als Besitzer genannt: Christof Scholl, Wirt und Eichmeister
Mieter/Mitbewohner: Albert Scholl, Küfer 

1920: als Besitzer genannt: Christof Scholl, Wirt und Eichmeister
Mieter/Mitbewohner: Willy Günter, Sattler 

1928: als Besitzer genannt: Gustav Hägele, Landwirt und Wirt, Wirtschaft
Mieter/Mitbewohner: Rösle Scholl, Witwe; Sofie Schwend, Witwe und Krankenpflegerin; Gottlieb Kugler, Bauarbeiter; Margarethe Kugler, Bauarbeiterin 

1932: als Besitzerin genannt: Wilhelmine Jerger, Gastwirts Witwe (nicht hier wohnhaft, Wirtin zum Münzhaus, Gelbinger Gasse 83)
Mieter/Mitbewohner: Karl Gstrein, Packer; Friedrich Schön, Säger; Rösle Scholl, Witwe; Sofie Schwend, Witwe und Krankenpflegerin; Gottlieb Kugler, Bauarbeiter; Regine Frank, Sortiererin 

1938: Besitzer(in) nicht genannt
Mieter/Mitbewohner: Emma Frank; Regine Frank, Witwe und Sortiererin; Karl Gstrein, Packer; Friedrich Klenk, Weingärtner; Georg Klenk, Gerber; Friedrich Schön, Säger; Rösle Scholl, Witwe

1956: Besitzer(in) nicht genannt
Mieter/Mitbewohner: Elisabeth Augsten, Hausfrau; Hermann Augsten, Elektromeister; Emma Gstrein, Witwe; Hans Gstrein, technischer Zeichner; Ida Hesse, Hausfrau; Richard Hesse, Dachdecker; Emma Hofmann, Rentnerin; Anna Schön, Hausfrau; Friedrich Schön, Rentner

Befunde aus Bauakten

1869: Der Küfer Johann Häfner lässt die Fenster des 1. Stocks zur Straße hin vergrößern und leicht versetzen.

1880: Der "Restaurations-Saal" erhält einen "Wind-Ofen", ein bestehendes Fenster an der Südosteite wird vergrößert.

1930: Der Bauarbeiter Gustav Hägele richtet im Erdgeschoss eine Schreinerwerkstatt mit Leimofen ein.

1967: Im Frühjahr 1967 durch die Fa. Baugemeinschaft Vogelmann abgebrochen.

Beschreibungen

1690 (Inventur der Kunigunda Sieber): „Eine Behaußung in Gelbingergaßen sambt einem geringen Küchengärdlein hinden daran, zwischen Jörg Loth Siebern Häffnern unt H[errn] Procurator Seybolden gelegen, so gülltfrey und aigen, darauff aber in Löbl[iche] Praesenz Pfleeg 10 fl Capital jählich uf Petri Cathedrae zinnßbahr stehen, angeschlagen umb 360 fl. “ (14/1434).

1694: „Ihre von dero L. Mutter seel. ererbte Behaußung in der Gelbinger Gaßen zw. H. Procurator Seybolds und Lotharii Siebers Häffners Behausung gelegen...“ (4/668, Bl.96v)

1717/18 (Unterpfandsbuch Vorstädte): „Ein Hauß sambt einem Anbäule angeschlagen zu 350 fl, gekaufft Ao. 1694 pro 360 fl, gültfrey“ (4/1544, Bl. 584ff). 

1740 (Verkauf an Johann Friedrich Neu): „Ihre bis daher innegehabt und ruhig beseßene Behaußung in Gelbinger Gaßen zwischen Herrn Procurator Jägers Behaußung und dem gemein Gäßlein gelegen, vornen an die Fahrstraßen und hinden an die Blendststatt stoßend, samt allen Recht und Gerechtigkeiten und zwar daß der Brennofffen nach gerichtl[icher] Erkandtnus unter bauamtl[icher] Inspection aufgeführet und besorgt werden solle, auch die darauf hafftenden Beschwerden, das gültfrey [...] Wobey aber noch dieses zu wißen, weilen das Hauß in 2 unterschiedenen Gebäuen, davon das vordere gegen dier Straßen, das hintere gegen die Blendstatt siehet, das Käuffer Neu darvon zu seinem wahren Aigenthum erkaufft hat:
1.) das ganze vordere Hauß samt dem gantzen Gärtlein und Keller und allübrige Zugehördte ohn Ausnahm.
2. den gantzen unteren Stock im hintern Hauß gegen die Blendtstatt, allwo der Brennoffen eingerichtet werden soll.
Hingegen behält Verkäufer und deßen Schwester zu ihrem Aigenthum und Bewohung das übrige Stockwerck des hinteren Haußes auf der Blendtstatt samt allen Recht und Gerechtigkeiten, nicht weniger noch dieses bevor, so lang, als sie beede im Hauß seyn und wohnen werden, ohnentgeldlich genießen und brauchen zu dörfen:
1. den hintern Stall in der vordern Behaußung zur Holtzleg.
2. das Privet gemeinschaftl[ich]
3. den obersten Boden so viel er davon nöthig hat. 
4. Eine Kammer in dem mittleren Boden, welche von dem Käuffer auszuzeichnen und auf seine Kosten brauchbar zuzurüsten.
5. den vierten Theil am Keller, den der Käufer auf seine Kosten zu untermachen hat.
6. den Durchgang von seiner hintern Behaußung durch die vordere bis zur Haußthür hinaus, dahingegen Verkäufer die Stiegen und Böden insoweit sie solche betretten, nebst der Haußthür zur Helffte zu erhalten schuldig, so hat auch
7. jeder Theil das Dachwerckh auf seiner aigenthumlichen Behaußung selbsten zu erhalten und so Verkäuffer Koppenhöffer alß deßen Schwester mit der Zeit nach Gottes ohnerforschlichem Willen mit Todt abgehen oder aber das Hauß überhaubt an Auswärttige verkaufft oder sonsten veralieniret werden solte, er Käuffer Neu allzeit um denjenigen Preiß, was ein anders darvon zu zahlen erbiethig, das Vorrecht und die Auloßung diesfalls haben sollte.“ (4/681, Bl. 19r)

1827: Wohnhaus mit 21 Ruten, Hof 2 Ruten, insgesamt 23 Ruten Grundfläche in der Heilbronner Straße (Primärkataster) 

1828: „Ein zweistockigtes Wohnhauß N. 318 und Ein daran angebautes Hinter Hauß, woran ein Hafner Brenn Ofen, neben Schmidtmeister Joh. Friderich Kreß und Jakob Friedrich Sieber, Hafners Häusern, gültfrey“ (Kaufprotokoll 1828) 

1889: „1 Ar 72 qm ... ein 2stockiges Wohnhaus mit Hintergebäude [und] 16 qm Hofraum hinter demselben in der Heilbronner Straße, neben Fuhrmann Windmüller und dem Weg" (19/829, S. 52, 54). 

1963: „2-geschossiges Wohngebäude in Holzfachwerkkonstruktion mit Holzbalkendecken.Steildach in Holzkonstruktion und Ziegeldeckung.Sämtliche Wohnungen haben keinen eigenen Anschluß. Im Übrigen stehen für 5 Wohneinheiten nur 3 Aborte zur Verfügung. Die Küchen sind teilweise nur behelfsmäßig eingebaut.“ (Abbruchantrag v. 23.1.1963).

Quellen

Archivalien:

  • StadtA Schwäb. Hall 2/72 (Totenbuch St. Michael 1678-1697), S. 476f [Nekrolog Johann Georg Sieber] u. S. 558 [Nekrolog Anna Kunigunda Sieber]
  • StadtA Schwäb. Hall 4/668 (Kaufbuch 1694-1697), S. 96v
  • StadtA Schwäb. Hall 4/681 (Kaufbuch 1740-1745), Bl. 19r
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1544 (Unterpfandsbuch Vorstädte 1717/18), Bl. 584ff
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1545 (Häuserbuch 1712), S. 230
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1547 (Häuserbuch 1767), S. 214
  • StadtA Schwäb. Hall 4/1547a (Häuserbuch 1782), S. 385
  • StadtA Schwäb. Hall 14/1434 (Inventur der Kunigunda Sieber, 1690) 
  • StadtA Schwäb. Hall 19/829 (Güterbuch 4), S. 52, 54
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1011 (Kaufbuch 1828), Bl. 2v
  • StadtA Schwäb. Hall 19/1053 (Kaufbuch 1889), S. 183
  • StadtA Schwäb. Hall 27/368 (Bauakten)
  • StadtA Schwäb. Hall S27 (Genealogische Kartei)

Literatur:

  • Adressbücher 1886-1956